Trittins Novelle steht nicht unter Schutz: Forstwirtschaft kritisiert Naturschutzgesetz

Gut gemeint ist noch lange nicht gut gemacht: Nach wie vor kritisiert die deutsche Forstwirtschaft das neue Naturschutzgesetz. Ein Hauptkritikpunkt ist das Vorhaben der Bundesregierung, ein Biotopverbundsystem einzurichten. Damit sollen in Zukunft die Belange des Naturschutzes auch auf Nutzflächen stärker berücksichtigt werden. Für die Forstwirtschaft könnte das bedeuten, dass bis zu 60 Prozent der Waldfläche nur noch eingeschränkt bewirtschaftet werden dürfen. Sie sieht das bisherige Gleichgewicht aus Nutz-, Schutz-, und Erholungsfunktion des Waldes gefährdet.

Seit über 200 Jahren handelt die Forstwirtschaft hierzulande nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit: Es wird nur soviel Holz genutzt wie dauerhaft nachwächst und zugleich so gewirtschaftet, dass auch Boden, Tier- und Pflanzenwelt intakt bleiben. Gelebte und gute fachliche Praxis ist es, naturnahe, artenreiche und stabile Wälder aus standortgerechten Baum-arten aufzubauen und zu erhalten und nur dort planvoll einzugreifen, wo es notwenig und sinnvoll ist. Waldbewirtschaftung in diesem Sinne sichert erst die Schutz- und Erholungsfunktion für die Allgemeinheit.

Nur: All das ist nicht zum Null-Tarif zu haben. Die Einkünfte der Waldbesitzer basieren de facto zu 90 Prozent auf dem Holzerlös, sprich aus der nachhaltigen Nutzung des Waldes. Mit diesen Mitteln müssen aber auch die Aufwendungen finanziert werden, die notwendig sind, eben um die Schutz- und Erholungsfunktion zu erhalten. Ein Kraftakt für viele Waldbesitzer, der schon jetzt oftmals die Grenze der finanziellen Belastbarkeit erreicht. Das Missverhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben würde sich durch eine eingeschränkte Waldnutzung, die das neue Gesetz mit sich brächte, noch verschärfen. Die Anstrengungen der heimischen Forstwirtschaft haben in den vergangenen 40 Jahren einen Waldzuwachs von rund 500.000 Hektar gebracht. Die Gesetzesnovelle wirft nun die Frage auf, ob und wie sich die Forstbetriebe dieses Engagement künftig leisten können.

Die geplante Ausweitung des Naturschutzes berührt auch den Klimaschutz. Neben den Ozeanen sind Wälder die größte CO2-Senke der Erde. Die CO2-Speicherwirkung bewirtschafteter Wälder lässt sich weit über die Lebensdauer der Bäume hinaus verlängern, indem man ihren Rohstoff, das Holz, erntet und verarbeitet. Ob Spielzeug, Möbelstück oder ein komplettes Haus – in jedem Holzprodukt bleibt das klimaschädliche Treibhausgas gebunden.

Fakt ist, dass die deutsche Holzwirtschaft zu einem hohen Prozentsatz auf Importholz angewiesen ist. Holz, das häufig in Plantagen produziert wird, oftmals nicht aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammt und über weite Transportstrecken per Schiff, Bahn und Lkw zum Empfänger kommt – inklusive CO2-Emissionen. Das ließe sich einschränken durch die verstärkte Nutzung heimischen Holzes, das auf kurzem Wege vom Produzenten, dem Wald, zum Weiterverarbeiter und sogar bis hin zum Verbraucher gelangen kann.

Mit der Gesetzesnovelle und der Unterschutzstellung weiter Waldflächen ist eine ökologisch, ökonomisch und sozial sinnvolle Holznutzung nicht zu fördern. So stellt sich die Frage, auch angesichts des Weltklima-Gipfels, der ab 16. Juli in Bonn stattfindet, warum das Gastgeberland mit seiner – novellierten – Umweltpolitik nicht sämtliche Möglichkeiten ausschöpft, den CO2-Ausstoß zu reduzieren.

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Klaudia Probst ots

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