Zeitmangel der Hausärzte führt zu mehr Arztbesuchen

Mit 18 Arztbesuchen pro Jahr halten die Deutschen den weltweiten Rekord. Das Institut für Allgemeinmedizin am Klinikum rechts der Isar der TU München konnte belegen, dass es in erster Linie Patienten mit psychischen oder psychosomatischen Erkrankungen sind, die häufig ihren Hausarzt aufsuchen.

Jeder Deutsche ging im Jahr 2008 laut einer Studie der Barmer GEK knapp 18 Mal zu einem Arzt. Die Arbeitsgruppe von Prof. Antonius Schneider, dem Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin der TU München am Klinikum rechts der Isar, suchte nach einer Erklärung für diese hohe Zahl. Für ihre Untersuchung werteten die Wissenschaftler die Zahlen von 1000 Patienten in 13 Hausarztpraxen in Oberbayern aus dem Jahr 2010 aus. Sie erhoben die Anzahl der hausärztlichen Kontakte, der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und Überweisungen.

Die Ergebnisse bestätigten mit 15,3 Arztbesuchen und 3,8 Überweisungen jährlich die Kontaktrate aus dem Jahr 2008 weitgehend. Weiter fanden die Forscher heraus, dass besonders Patienten mit psychischen oder psychosomatischen Erkrankungen häufig zum Arzt gehen. Darüber hinaus war bei diesen die Wahrscheinlichkeit für außergewöhnlich lange Arbeitsunfähigkeit (länger als zwei Wochen jährlich) fünf Mal höher als bei den anderen Patienten. „In deutschen Hausarztpraxen bleibt dem Mediziner durchschnittlich nur sechs bis zehn Minuten Zeit pro Patient. Kein Wunder also, dass diese Patienten immer wieder kommen, bis die Ursachen ihrer komplexen gesundheitlichen Störungen ausreichend erkannt und behandelt werden“, so Prof. Schneider.

Auf gesundheitspolitischer Ebene wird derzeit viel über eine verpflichtende Kodierung aller Diagnosen diskutiert. Um die zahlreichen Konsultationen nach den so genannten Ambulanten Kodierrichtlinien (AKR) abrechnen zu können, müssten die Ärzte eine Unmenge von Diagnosen sammeln, die jedoch die hausärztliche Arbeit nicht abbilden können. „Auf Praxisebene macht das wenig Sinn – die Bürokratie würde nur noch mehr von der für die Patienten notwendigen Gesprächszeit wegnehmen“, schlussfolgert Prof. Schneider.

Die Arbeit erschien in BMC Family Practice 2011 Jun 18;12(1):51.

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Tanja Schmidhofer idw

Weitere Informationen:

http://www.med.tu-muenchen.de

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