Mit dem Praxisteam durch die Angst
Wenn Menschen unter plötzlichen Beklemmungen leiden, Atemprobleme und Herzrasen haben, führt in der Regel der erste Weg zum Hausarzt. Oft steht nicht ein körperlicher Grund dahinter, sondern eine Angstattacke.
Bei immerhin einem Siebtel der Allgemeinbevölkerung sind solche Angstattacken bekannt, die das Leben dramatisch einschränken und letztlich auch erhebliche Kosten verursachen. Auch wenn Angststörungen richtig erkannt werden, bleibt oft die Hausarztpraxis die einzige Anlaufstelle – weil der Patient es so möchte oder weil eine fachspezifische Behandlung oft erst nach Monaten verfügbar ist.
„Wir Hausärzte wollen jedoch nicht warten und dem Leiden unserer Patienten zusehen“, so Prof. Dr. Jochen Gensichen, Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin des am Universitätsklinikum Jena und weist auch auf die Not der Kollegen hin.
„Jena-Paradies“ haben Psychologen und Mediziner des Instituts das neu entwickelte Übungsprogramm genannt, mit dem sie Hausarztpraxen unterstützen wollen: Praxisteams begeben sich nun gemeinsam mit ihren Angstpatienten auf den Weg durch die Angst. „Der Hausarzt weist den Patienten in das Programm ein, das dieser dann selbstständig aber unter ärztlicher Aufsicht absolviert.
Dabei begleitet den Patienten die ihm vertraute Praxisangestellte mit regelmäßigen Anrufen, beschreibt Psychologe Thomas Hiller den Kern des Projekts. Mit über 70 Hausarztpraxen wollen die Jenaer Wissenschaftler die Wirksamkeit des Programms testen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die auf drei Jahre angelegte Studie, in der die Teilnehmer zufällig auf die Prüf- und eine Kontrollgruppe verteilt werden.
In der Prüfgruppe werden Ärzte und Praxisangestellte zu speziellen Angstübungen geschult. Hier steht der Umgang mit Angstattacken im Vordergrund, die spontan oder in bestimmten Situationen auftreten können. Die teilnehmenden Patienten werden über sechs Monate lang aktiv vom Praxisteam angerufen und zum Fortschreiten des Trainings befragt.
Die Hausärztin Dr. Lydia Vetter aus Weida hat das Programm mit einer ihrer Patientinnen auf seine Machbarkeit im ganz normalen Arbeitsalltag vorgetestet: „Es ist einfacher als man denkt!“ Die Ärztin und ihre Arzthelferin haben ihre Patientin immer gut im Blick: „Sie ging nicht mehr aus dem Haus, so dass ich immer zu ihr kommen musste. Das Übungsprogramm gibt ihr und uns Sicherheit, wir haben uns auf einen guten Weg gemacht“, berichtet die erfahrene Hausärztin.
„Bevor wir das aber in der Breite empfehlen können, müssen wir die wissenschaftlichen Ergebnisse der Studie abwarten“, so Professor Gensichen zum Studienstart. Hausärzte und Praxisteams, die sich mit ihren Patienten beteiligen möchten, können sich unter Tel. 03641/ 9-39 58 16 oder per E-Mail an jena-paradies@med.uni-jena.de direkt an das Studienteam wenden.
Kontakt:
Dipl.-Psych. Thomas Hiller, Monika Storch, M. A., Prof. Dr. Jochen Gesichen
Institut für Allgemeinmedizin, Universitätsklinikum Jena,
Tel: 03641/ 9-39 58 16
E-Mail: thomas.hiller[at]med.uni-jena.de
Media Contact
Alle Nachrichten aus der Kategorie: Studien Analysen
Hier bietet Ihnen der innovations report interessante Studien und Analysen u. a. aus den Bereichen Wirtschaft und Finanzen, Medizin und Pharma, Ökologie und Umwelt, Energie, Kommunikation und Medien, Verkehr, Arbeit, Familie und Freizeit.
Neueste Beiträge

Fortschritt bei Behandlung von Schlaganfällen
…dank modernster Vergrößerungstechnik. Neue Angiografieanlage ermöglicht Eingriffe auch an kleinen Hirngefäßen. Schlaganfall, Hirnblutung, Aneurysma, Gefäßverengung: Bei diesen Erkrankungen der Blutgefäße liefert eine Bildgebung per Angiografie den Ärztinnen und Ärzten nicht…

Attosekundenphysik: Untersuchungen in Zeitlupe
Ein Physikkonkret der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) erklärt den Physiknobelpreis 2023: Was ist Attosekundenphysik? Im Oktober jeden Jahres erfahren aktuelle und relevante wissenschaftliche Forschungen breite Aufmerksamkeit. Dann werden die Nobelpreise…

Bildgebung: Schonender Röntgenblick in winzige lebende Proben
Ein neues System zur Röntgenbildgebung, das sich für lebende Proben, aber auch für empfindliche Materialien eignet, haben Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zusammen mit Partnern in ganz Deutschland…