Führt Arterienverkalkung zu Depressionen – und umgekehrt?

Verkalkte Leitungen sind ein verbreitetes Problem. In der Wohnung hilft der Klempner, im Körper ist es komplizierter: Ausreichend Bewegung, gesunde Ernährung und – im akuten Fall – Medikamente senken das Risiko, Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden.

Zu den Risikofaktoren gehören möglicherweise auch Depressionen, zumindest gibt es in der Medizin Hinweise auf einen Zusammenhang. Patienten, die an einer Depression leiden, haben oft Arteriosklerose – und umgekehrt. Wie beides zusammenhängt, ist bisher aber nicht bekannt. Mit „BiDirect“ wollen Wissenschaftler der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) diese Frage nun klären.

So heißt die Studie, mit der ein möglicher Zusammenhang in beiden Richtungen erforscht werden soll. Mehr als 2.000 Männer und Frauen zwischen 35 und 65 Jahren werden dafür in den nächsten fünf Jahren befragt und untersucht.

Teilnehmen können gesunde Menschen, Personen mit Depressionen und Patienten mit einem Herzinfarkt. Interveniert wird dabei nicht – es handelt sich um eine reine Beobachtungsstudie, in der weder Medikamente verabreicht werden noch sonst in den Gesundheitszustand der Teilnehmer eingegriffen wird. Alle Daten werden vollständig anonymisiert.

„Mit der Studie wollen wir den Grundstein für eine bessere Früherkennung und auch frühzeitige Behandlung sowohl der Gefäßverkalkung als auch der Depression legen“, erläutert Projektleiter Prof. Dr. Klaus Berger, Direktor des Instituts für Epidemiologie und Sozialmedizin der WWU.

„Das Projekt ist langfristig angelegt, einige Jahre nach der ersten Befragung und Untersuchung wird das Programm wiederholt.“ Dadurch können laut Berger auch Krankheitsverläufe beurteilt werden; geplant sind Abstände von zwei und fünf Jahren nach der Erstuntersuchung.

Die Studie wird in Kooperation des Instituts mit der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, der Klinik und Poliklinik für Neurologie und dem Institut für Klinische Radiologie an der Uniklinik Münster durchgeführt. Gefördert wird BiDirect vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Die erste „Studienwelle“, die im Frühjahr dieses Jahres begonnen hat, dauert für den Patienten insgesamt drei bis vier Stunden. Zunächst werden die Probanden rund eine Stunde lang zum derzeitigen und früheren Gesundheitszustand befragt, dann folgen etwa eine Stunde lang ausführliche Untersuchungen.

Blutdrücke an Armen und Beinen werden gemessen, durch eine Ultraschalluntersuchung der Halsgefäße wird das individuelle Arteriosklerose-Risiko bestimmt, mit einem Elektrokardiogramm (EKG) wird die Herzaktivität beobachtet. Auch die Sinnesorgane und die Gedächtnisleistung werden geprüft. Anschließend entnehmen die Studienbegleiter Blut zur Untersuchung und untersuchen den Kopf rund 30 Minuten lang durch eine Magnetresonanztomografie, mit der Schnittbilder des Gehirns erstellt werden.

„Mit dieser aufwendigen Untersuchung wollen wir klären, was die beiden Erkrankungen Arteriosklerose und Depression verbindet“, erklärt Studienkoordinatorin Dr. Heike Wersching vom Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin. „Die mögliche Verbindung beinhaltet gemeinsame genetische Ursachen oder Lebensstile. Alternativ könnte eine Erkrankung die andere bedingen, etwa durch Veränderung im Hormonstoffwechsel“, so die Medizinerin.

Redaktion: Dr. Thomas Bauer

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Dr. Christina Heimken idw

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