Rund 300 Kinder erleiden jährlich einen Schlaganfall
Susanne Riske war ratlos, als ihre dreijährige Tochter Pauline nachts plötzlich schrie. „Ich habe auf eine Blasenentzündung getippt“, blickt sie zurück. Ihr Kind ließ sich kaum beruhigen und war aggressiv. Erst nach Stunden schlief sie wieder ein. Am Morgen dann der Schock: Pauline konnte ihre linke Körperhälfte nicht mehr bewegen.
Die hochschwangere Susanne Riske fuhr sofort ins Krankenhaus. Dort sagte man ihr, dass Pauline möglicherweise einen Schlaganfall gehabt habe. Die anschließende Kernspintomographie bestätigte die Vermutung.
„Rund 300 Kinder jährlich erleiden in Deutschland einen Schlaganfall“, sagt Dr. Ronald Sträter, Kinder- und Jugendmediziner am Universitätsklinikum Münster (UKM). Seit 1996 arbeitet er unter der Leitung von Professor Dr. Ulrike Nowak-Göttl an einer Langzeitstudie über Schlaganfällen bei Kindern und Jugendlichen. Mittlerweile hat sich Sträter habilitiert und hält aus diesem Anlass morgen (12. Januar) seine Antrittsvorlesung. Thema: „Wenn Kinder der Schlag trifft“.
Rund ein Drittel der betroffenen Kinder trägt bleibende Schäden wie Lähmungserscheinungen oder epileptische Anfälle nach einem Schlaganfall davon. „Mittlerweile wissen wir, dass Kleinkinder, die einen Schlaganfall erlitten haben, häufig auch Schulprobleme bekommen,“ so Sträter. Sie haben Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen. Pauline hat Glück gehabt. Bis auf leichte feinmotorische Störungen in der linken Hand und im linken Fuß hat sie sich vollständig von ihrem Schlaganfall erholt. Dennoch bleibt sie weiter unter Beobachtung.
Familie Riske ist extra aus München nach Münster angereist, um sich am UKM in der Spezial-Sprechstunde der Kinderklinik untersuchen zu lassen. „Sowohl in der Klinik in München als auch in der Selbsthilfegruppe für Eltern, deren Kinder einen Schlaganfall erlitten haben, hat man uns geraten, nach Münster zu fahren“, erzählt Vater Andreas Riske. Am UKM wird die deutschlandweite Studie koordiniert und organisiert. „Im Unterschied zu anderen Kliniken haben wir ergänzende Möglichkeiten, um die Kinder zu untersuchen,“ erklärt Sträter.
Pauline, ihrem sechs Monate alten Bruder Luis sowie ihren Eltern wurde Blut abgenommen: Eine der möglichen Ursachen für Schlaganfälle sind Gerinnungsstörungen.
Auch wenn sich im Blut der Riskes keine genetischen Ursachen für Paulines Schlaganfall ausmachen lassen werden, wird das Blut der Familienmitglieder eingefroren. So können Faktoren, die jetzt noch nicht für einen Schlaganfall verantwortlich gemacht werden, in ein paar Jahren daraufhin noch einmal untersucht werden.
Weitere Ursachen für Schlaganfälle bei Kindern sind Herzfehler, Gefäßverletzungen oder Gefäßentzündungen. Letzteres war eine der Ursachen für Paulines Schlaganfall: Sie hatte fünf Wochen vor dem Anfall Windpocken. Und dabei haben sich Hirngefäße entzündet.
Sinn der deutschlandweiten Studie ist es, die Kinder langfristig zu begleiten, um daraus neue Erkenntnisse abzuleiten. „Ein Ergebnis ist, dass wir nachweisen können, welche Kinder ein erhöhtes Risiko für einen erneuten Schlaganfall tragen“, erklärt Sträter. Unter anderem davon wird Sträter in seiner Antrittsvorlesung berichten.
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