Einzelne Atome als hochempfindliche Kraftdetektoren

Bereits im 17. Jahrhundert bemerkte der niederländische Physiker Christiaan Huygens, dass sich zwei Pendel exakt synchronisieren können, falls sie die Möglichkeit haben sich gegenseitig zu beeinflussen. Interessanterweise muss diese Wechselwirkung gar nicht stark sein, im Beispiel der Pendel kann es genügen, wenn beide an der gleichen Wand aufgehängt sind.

Eine enorme Vielfalt von schwingungsfähigen Systemen hat diese Synchronisationseigenschaft, von Orgelpfeifen über Laser bis hin zu elektronischen Schwingkreisen. Einer Forschergruppe aus der Abteilung Laserspektroskopie von Professor Theodor W. Hänsch am Max-Planck-Institut für Quantenoptik ist es nun gelungen, dieses technisch wichtige Phänomen an einem einzelnen extrem kalten Atom zu beobachten (Phys. Rev. Lett. 105, 013004, 2. Juli 2010).

Wie das Experiment zeigte, waren für die Synchronisation der Atomschwingung mit einer externen Radiofrequenzschwingung überraschend schwache Kräfte von nur 5 Yoctonewton (5 x 10 hoch -24 N) nötig. Einzelne Atome können demnach äußerst empfindliche Kraftdetektoren sein – empfindlich genug, um möglicherweise erstmalig das Magnetfeld eines einzelnen Moleküls zu messen.

Ausgangspunkt für dieses Experiment ist ein einzelnes Magnesium-Ion, das in einer sogenannten Paulfalle gespeichert wird. Die elektrischen Wechselfelder der Paulfalle halten es an einem bestimmten Punkt in der Falle fest, während ein Vakuumsystem dafür sorgt, dass das Ion möglichst ungestört schwingen kann. Nun kommen zwei Laser ins Spiel, die sorgfältig so abgestimmt werden, dass sie das Ion stabil mit einer Amplitude von etwa einem zehntel Millimeter hin und her schwingen lassen. Eine hochauflösende Optik und eine empfindliche Kamera erlauben es, diese Oszillation anhand des gestreuten Lichts zu registrieren.

Um die Synchronisation dieses optisch angeregten Oszillators mit einer externen Quelle zu untersuchen, wird ein weiteres schwaches elektrisches Wechselfeld – ein Radiosignal – an eine nahegelegene Elektrode angelegt und die Schwingung des Ions stroboskopisch beobachtet. Die Frequenz des externen Feldes unterscheidet sich dabei nur wenig von der Schwingungsfrequenz des Ions. Wenn die Amplitude des eingestrahlten Radiosignals groß genug ist, synchronisiert sich die Oszillation des Ions und es schwingt in Phase mit dem Radiosignal.

Eine sorgfältige Bestimmung der Kräfte, die das eingestrahlte Wechselfeld auf das Ion ausübt, zeigt, dass Synchronisation bereits bei extrem schwachen Anregungen von nur 5 yN erfolgt. Eine derart kleine Kraft ist ohne die hier geschilderten „Tricks“ der Forscher kaum nachzuweisen, wie der folgende Vergleich verdeutlicht: Im vorliegenden Experiment würde das Ion dadurch nur um etwa einen Nanometer (10 hoch -9 Meter) aus seiner Ruheposition verschoben werden; allein aufgrund seiner Temperatur zappelt das Ion in der Falle aber bereits mit einer Amplitude von 5000 Nanometern.

Diese hohe Empfindlichkeit könnte nun beispielsweise dazu genutzt werden, um das magnetische Feld eines einzelnen Moleküls zu bestimmen und damit fundamentale Theorien zu überprüfen. Die hier vorgestellte Arbeit ist ein vielversprechender erster Schritt in diese Richtung. Maximilian Herrmann

Originalveröffentlichung:
S. Knünz, M. Herrmann, V. Batteiger, G. Saathoff, T.W. Hänsch,
K. Vahala, und Th. Udem
Injection locking of a trapped-ion phonon laser
Physical Review Letters 105, 013004 (2010)
Kontakt:
Prof. Dr. Theodor W. Hänsch
Lehrstuhl für Experimentalphysik, Ludwig-Maximilians-Universität München
Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik
Hans-Kopfermann-Straße 1
85748 Garching
Tel.: +49 – 89 / 32905 702/712
Fax: +49 – 89 / 32905 312
E-Mail: t.w.haensch@mpq.mpg.de
Dr. Maximilian Herrmann
Max-Planck-Institut für Quantenoptik
Telefon: +49 – 89 / 32905 – 266
Fax: +49 – 89 / 32905 – 312
E-Mail: maximilian.herrmann@mpq.mpg.de
Dr. Olivia Meyer-Streng
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Quantenoptik
Tel.: +49 – 89 / 32905 – 213
E-Mail: olivia.meyer-streng@mpq.mpg.de

Media Contact

Dr. Olivia Meyer-Streng idw

Weitere Informationen:

http://www.mpq.mpg.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Biomarker für Therapie-Erfolg bei Tumorerkrankung im Knochenmark identifiziert

Hochrangige klinische Studie zu CAR-T-Zelltherapie beim Multiplen Myelom. Die CAR-T-Zelltherapie hat sich als wirkungsvolle Behandlung verschiedener hämatologischer Krebserkrankungen etabliert. Doch nicht bei allen Erkrankten schlägt die Therapie gleich gut an….

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Partner & Förderer