Biologische Muster: Von intrazellulären Strömungen dirigiert

Prof. Erwin Frey in seinem Büro, auf dem Bildschirm sind Strömungsmuster von sogenannten Min-Proteinen zu sehen | © LMU

LMU-Physiker zeigen, wie Flüssigkeitsströmungen die Bildung komplexer Muster beeinflussen.

Die Bildung von Mustern ist ein universelles Phänomen, das fundamentalen Prozessen in der Biologie zugrunde liegt. So positionieren und steuern zum Beispiel Konzentrationsmuster von Proteinen wichtige Prozesse in Zellen, die etwa Zellteilung, Polarität und Bewegung betreffen. Diese Proteinmuster entstehen aus dem Zusammenspiel von chemischen Reaktionen und räumlichem Transport der Proteine.

Transport kann prinzipiell passiv (durch Diffusion) oder aktiv (durch Strömungen) erfolgen. Anders als Diffusion weist Transport durch Strömungen eine klare Vorzugsrichtung auf. Der Einfluss von Strömungen auf Proteinmuster wurde bislang wenig erforscht. Ein Team um den LMU-Physiker Professor Erwin Frey hat nun in Zusammenarbeit mit Cees Dekker, Professor an der Delft University of Technology, diesen Aspekt am Beispiel des Min-Protein-Systems von E. coli untersucht.

Die Forschenden kombinierten dazu numerische Simulationen theoretischer Modelle und Experimente mit Min-Proteinen in Mikrofluidikkammern, in denen die Proteine an synthetische Membranen binden. Dabei konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass Flüssigkeitsströmungen Bewegung und Ausrichtung der membrangebundenen Proteinmuster verursachen. Überraschenderweise können sich die wellenförmigen Muster sowohl mit der Strömungsrichtung als auch gegen diese bewegen. Welcher Fall eintritt, hängt vom Verhältnis der Proteinkonzentrationen ab. Die Forschenden zeigen, wie die Bewegungsrichtung der Muster auf subtile Weise von den chemischen Reaktionen zwischen den Proteinen abhängt.

„Die Ausbreitungsrichtung ist unterschiedlich, weil der Massenstrom die Proteinkonzentrationen im Zellplasma verschiebt, aber keine direkten Auswirkungen auf Proteine hat, die bereits an der Membran gebunden sind“, sagt Frey. „Dadurch hängt die Reaktion auf die Strömung von der An- und Ablagerung der Proteine an der Membran ab.“ Wie die Forschenden berichten, könnten Flüssigkeitsströmungen daher als vielseitiges Werkzeug genutzt werden, um Proteinmuster zu kontrollieren und molekulare Mechanismen der Musterbildung zu untersuchen.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Erwin Frey
Statistische und Biologische Physik
Fakultät für Physik der LMU
E-Mail: frey@lmu.de
Tel.: +49 (0) 89 / 2180-4538

Originalpublikation:

Sabrina Meindlhumer, Fridtjof Brauns, Jernej Rudi Finžgar, Jacob Kerssemakers, Cees Dekker, Erwin Frey: Directing Min protein patterns with advective bulk flow. Nature Communications 2023

https://www.lmu.de/de/newsroom/newsuebersicht/news/biologische-muster-von-intrazellulaeren-stroemungen-dirigiert.html

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