Auf die Größe kommt es an – bei Gläsern

Mit einem konfokalen Lasermikroskop kann die Bewegung einzelner Teilchen innerhalb der kolloidalen Suspension live verfolgt und ausgewertet werden. HHU / Jochen Müller

Viele Festkörper haben eine regelmäßige innere Ordnung, man spricht von Kristallen. Beispiele für solche kristallinen Materialien sind Kochsalz (Natriumchlorid), Minerale, Metalle, aber auch Schnee. Fehlt diese innere Ordnung und ist die Anordnung damit völlig zufällig, so ist der Festkörper „amorph“. Typische Vertreter hiervon sind Gläser.

Viele der Eigenschaften von Gläsern insbesondere im mikroskopischen Bereich sind unzureichend verstanden. Die Düsseldorfer Physiker haben zusammen mit einem Kollegen an der Universidad de Guanajuato in León in Mexiko mit einem Modellsystem untersucht, wie die Glasbildung einsetzt und wie diese von der Größe der Partikel, aus denen sich das Glas zusammensetzt, abhängt.

Sie haben dazu so genannte kolloidale Gläser untersucht. Ein Kolloid ist eine Mischung fester Körperchen – in diesem Fall kleiner Plastikkügelchen im Mikrometerbereich – in einer Flüssigkeit. Mit zunehmender Konzentration nimmt die Beweglichkeit der Kügelchen immer weiter ab, bis sie sich schließlich verfestigen.

Wenn die Kügelchen alle identisch groß sind, bilden sie dann eine regelmäßige Kristallstruktur. Aber variiert die Größe nur um wenige Prozent, so stört dies die Ordnung und ein glasartiger Körper entsteht.

Bei ihren Untersuchungen haben die Physiker die Konzentration der Kügelchen variiert und dann ihre jeweilige Größe und Bewegung bestimmt. Die Prozesse bei der Verfestigung beobachten die Forscher mittels optischer Methoden. So konnten sie mit einem konfokalen Lasermikroskop live abbilden, wie sich die einzelnen Teilchen bewegen.

Die untersuchten Vorgänge bestimmen beispielsweise, ob sich eine kolloidale Suspension wie ein Festkörper oder wie eine Flüssigkeit verhält. Dieser Aspekt ist für viele Anwendungen sehr wichtig und wurde von der Arbeitsgruppe am HHU-Institut für Experimentelle Physik der Kondensierten Materie zusammen mit dem theoretischen Physiker Dr. Alessio Zaccone (Universität Cambridge) in einem weiteren Artikel beschrieben, der bereits im Januar 2017 in Physical Review Letters veröffentlicht wurde.

Warum sind die Untersuchungen nun beispielsweise für Maler wichtig? Dazu Prof. Dr. Stefan Egelhaaf, einer der Autoren der Studie in Physical Review Letters: „Eine Dispersionsfarbe ist eine kolloidale Suspension, die neben ihrer Farbe eine weitere wichtige Eigenschaft besitzen muss.

Während sie mit dem Pinsel auf die Wand gestrichen wird, muss sie gut fließen und sich deshalb wie eine Flüssigkeit verhalten. Nachdem sie aufgebracht wurde, sollte sie aber einem Festkörper gleichen und nicht die Wand hinunter laufen.“ Diese Eigenschaften hängen entscheidend von der Größenverteilung und Konzentration der Farbpartikel ab. So dient die Studie aus der Physik auch einem gleichmäßigen Wandanstrich.

Originalpublikationen

D. Heckendorf, K. J. Mutch, S. U. Egelhaaf and M. Laurati, Size-dependent localization in polydisperse colloidal glasses, Physical Review Letters 119, 048003, 28.07.2017

M. Laurati, P. Maßhoff, K. J. Mutch, S. U. Egelhaaf and A. Zaccone, Long-lived neighbors determine the rheological response of glasses, Physical Review Letters 118, 018002, 06.01.2017

https://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.119.048003
https://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.118.018002

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Dr.rer.nat. Arne Claussen idw - Informationsdienst Wissenschaft

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