Atome mit dem gewissen Twist

Abb. 1: Künstlerische Darstellung der berechneten Geometrie der Eigenstände der zwei Bloch-Bänder. Copyright: Klaus Sengstock

In üblichen Materialien müssen sich Elektronen, die für den Stromtransport verantwortlich sind, ihren Weg durch gleichmäßig verteilte Hindernisse im Festkörper bahnen. In den topologischen Quantenmaterialien können sich Teilchen dagegen nur auf gewissen, mehr oder weniger verdrehten Wegen (die einen Twist beinhalten) bewegen und verhalten sich entsprechend den Gesetzen der Quantenphysik zudem wie Teilchen und Wellen gleichzeitig.

Es gibt eine zentrale Eigenschaft, die die Topologie, also den Quanten-Twist dieser Materialien, komplett beschreiben kann: die „Berry Krümmung“, benannt nach dem englischen Physiker Michael Berry, der das Grundkonzept dazu bereits in den 1980er Jahren angelegt hat. Das Team um Prof. Dr. Klaus Sengstock und Dr. Christof Weitenberg vom Institut für Laserphysik der Universität Hamburg konnte die Berry Krümmung in einem Quantenmaterial nun erstmalig vollständig vermessen.

Die Physiker nutzten bewusst ein künstliches Quantenmaterial, das heute weltweit intensiv eingesetzt wird: atomare Wolken – sogenannte „ultrakalte Quantengase“ – in einem künstlichen Festkörper, gebildet aus Laserlicht. Nachdem die Atome, die in diesen Experimenten die Rolle von Elektronen in Festkörpern übernahmen, in das künstliche Material, das die zu untersuchende Topologie enthielt, eingebracht worden waren, konnte mithilfe weiterer Laser diese Topologie sehr präzise gemessen werden.

Dr. Weitenberg, der die Experimente betreute, betont: „Wir konnten bereits in diesen ersten Experimenten die Topologie eines künstlichen Materials bestimmen, und das ist erst der Anfang, wir alle sind sehr begeistert von den Möglichkeiten dieser neuen Methode.“

Prof. Sengstock ergänzt: „Neuartige Quantenmaterialien werden schon in naher Zukunft eine wichtige Rolle in den absehbaren Quantentechnologien spielen; Quantencomputer sind dabei besonders visionär und nur durch neue Konzepte zu verwirklichen.“

Materialien mit dem gewissen Twist können vermutlich dazu wichtige Beiträge liefern: „Es ist besonders spannend, in diesem Bereich zu forschen, da das Forschungsfeld dieser neuen Quantenmaterialien erst ganz am Anfang steht, vieles ist noch gar nicht erforscht“, so Prof. Sengstock.

Der Artikel in Science, Vol. 352, Issue 6289, pp. 1091-1094 (2016):

http://science.sciencemag.org/content/352/6289/1091.full

DOI: 10.1126/science.aad4568

Für Rückfragen:

Prof. Dr. Klaus Sengstock
Universität Hamburg
Institut für Laserphysik
Tel.: +49 40 8998-5201
E-Mail: sengstock@physik.uni-hamburg.de

Dr. Christof Weitenberg
Universität Hamburg
Institut für Laserphysik
Tel.: +49 40 8998-5204
E-Mail: cweitenb@physnet.uni-hamburg.de

Media Contact

Birgit Kruse idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neues Wirkprinzip gegen Tuberkulose

Gemeinsam ist es Forschenden der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) und der Universität Duisburg-Essen (UDE) gelungen, eine Gruppe von Molekülen zu identifizieren und zu synthetisieren, die auf neue Art und Weise gegen…

Gefahr durch Weltraumschrott

Neue Ausgabe von „Physikkonkret“ beleuchtet Herausforderungen und Lösungen für eine nachhaltige Nutzung des Weltraums. Die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) veröffentlicht eine neue Ausgabe ihrer Publikationsreihe „Physikkonkret“ mit dem Titel „Weltraumschrott:…

Wasserstoff: Versuchsanlage macht Elektrolyseur und Wärmepumpe gemeinsam effizient

Die nachhaltige Energiewirtschaft wartet auf den grünen Wasserstoff. Neben Importen braucht es auch effiziente, also kostengünstige heimische Elektrolyseure, die aus grünem Strom Wasserstoff erzeugen und die Nebenprodukte Sauerstoff und Wärme…

Partner & Förderer