Astrophysik: Rollentausch beim Protonen-Einfang

Die Synthese schwerer Elemente in den Sternen oder bei Supernovae ist in großen Teilen verstanden: Die meisten Isotope der Elemente schwerer als Eisen enstehen durch eine Reihe von Neutronen-Einfangprozessen und anschließenden radioaktiven Zerfall.

Rätselhaft bleibt bis jetzt die Entstehung einiger Dutzend natürlich vorkommender protonenreicher Kerne. Astrophysiker vermuten, dass sie zum Teil eine Folge von Protoneneinfängen an schon vorhandenem Material sind und untersuchen dies in Beschleunigern. Die Gruppe um Prof. René Reifarth von der Goethe-Universität hat nun eine clevere Methode gefunden, die Ausbeute dieser Reaktionen deutlich zu erhöhen.

Bisher untersuchten Physiker die Protonen-Einfangreaktion, indem sie einen Protonenstrahl erzeugten und auf die Probe eines der protonenreichen Elemente prallen ließen. Problematisch wird diese Methode, wenn die Probe aus einem schnell zerfallenden radioaktiven Isotop besteht.

Da solche Isotope an vielen wichtigen Proton-Einfang-Prozessen beteiligt sind, entzogen sich diese bisher der experimentellen Untersuchung. Nun hat die Gruppe von René Reifarth gezeigt, dass man die Rollen von Probe und Teilchenstrahl vertauschen kann. Sie schoss dazu einen Strahl frisch erzeugter Ruthenium-96-Ionen im Ionenspeicherring des GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung auf ein quasi ruhendes Protonengas.

„Auf diese Weise können wir später den teuren und kurzlebigen radioaktiven Schwerionenstrahl am effizientesten nutzen“, erklärt Reifarth die Vorteile der Methode. Zwar könnte man die Zahl der Protenen-Einfangreaktionen auch erhöhen, wenn man die durchquerte Protonenschicht dicker machte, müsste dann aber in Kauf nehmen, dass der Schwerionenstrahl deutlich abgebremst wird.

Die Forscher verwenden daher nur eine sehr dünne Protonenschicht und lassen den Ionenstrahl im Ring kreisen, so dass er eine Million Mal pro Sekunde mit dem Protonengas kollidiert. In jedem Umlauf wird dann die im Protonengas verlorene Energie mit einem Elektronenkühler wieder zugeführt.

Publikation:
Bo Mei et al. : First measurement of the Ru 96 (p,gamma)Rh 97 cross section for the p-process with a storage ring, in: Phys. Rev. C 92, 035803 (2 .9.2015) http://journals.aps.org/prc/abstract/10.1103/PhysRevC.92.035803

Informationen: Prof. René Reifarth, Institut für Angewandte Physik der Goethe-Universität und Sprecher des Helmholtz International Center for FAIR, Campus Riedberg, Tel.: (069) 798-47442, Reifarth@physik.uni-frankfurt.de.

Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 1914 gegründet mit rein privaten Mitteln von freiheitlich orientierten Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern fühlt sie sich als Bürgeruniversität bis heute dem Motto „Wissenschaft für die Gesellschaft“ in Forschung und Lehre verpflichtet. Viele der Frauen und Männer der ersten Stunde waren jüdische Stifter. In den letzten 100 Jahren hat die Goethe-Universität Pionierleistungen erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Chemie, Quantenphysik, Hirnforschung und Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Heute ist sie eine der zehn drittmittelstärksten und drei größten Universitäten Deutschlands mit drei Exzellenzclustern in Medizin, Lebenswissenschaften sowie Geisteswissenschaften.“

Herausgeber: Die Präsidentin
Abteilung Marketing und Kommunikation,
60629 Frankfurt am Main
Redaktion: Dr. Anne Hardy, Referentin für Wissenschaftskommunikation Theodor-W.-Adorno-Platz 1, 60323 Frankfurt am Main Telefon (069) 798 – 1 24 98, Telefax (069) 798 – 763 12531, E-Mail hardy@pvw.uni-frankfurt.de
Internet: www.uni-frankfurt.de 

Media Contact

Dr. Anne Hardy idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer