Manche mögen's kalt – Bremer Meeresforscher auf der Suche nach Kaltwasserkorallen

Sie leben in absoluter Dunkelheit und in den kalten Bereichen der Tiefsee. Dennoch stehen Kaltwasserkorallen ihren Verwandten aus den flachen, sonnendurchfluteten und warmen Gewässern der Tropen in nichts nach: Auch sie können mehrere Kilometer lange Riffe aus Kalkskeletten bilden und schaffen so Lebensraum für eine Vielzahl anderer Organismen, wie Muscheln, Schnecken, Krebse und zahlreiche Fischarten.

Doch um diese einzigartigen Ökosysteme in der Tiefe untersuchen zu können, reicht ein einfacher Tauchschnorchel nicht aus, da Kaltwasserkorallen weltweit hauptsächlich in Wassertiefen zwischen 500 und 1000 Metern leben.

Ein internationales Wissenschaftlerteam, das sich im März mit dem Forschungsschiff MARIA S. MERIAN aufmacht, um die Kaltwasserkorallen vor den Küsten Mexikos, der USA und der Bahamas zu untersuchen, hat daher ein spezielles Gerät mit an Bord: Mit Hilfe des Bremer Unterwasserroboters MARUM-CHEROKEE wollen die Forscher die in dieser Region weit verbreiteten Korallenvorkommen in der Tiefsee dokumentieren.

Mit diesem sogenannten ROV (Remotely Operated Vehicle) können sie den Meeresboden erkunden, Messungen vornehmen, gezielt Proben einsammeln sowie Videos und Fotos in der Tiefe machen. Neben dem Einsatz des ROV sollen zusätzlich mehrere Meter lange Sedimentkerne mit einem sogenannten Schwerelot gewonnen werden. Diese Proben vom Meeresboden ermöglichen es, erstmalig auch die zeitliche Entwicklung der westatlantischen Kaltwasserkorallen in der jüngsten geologischen Vergangenheit nachzuzeichnen.

„Wir wollen herausfinden, wie weit verbreitet die Kaltwasserkorallen im Golf von Mexiko sind, wie sich die dortigen Riffe in den letzten Jahrtausenden entwickelt haben und welche Umweltfaktoren diese Entwicklung beeinflussen“, sagt Fahrtleiter Dierk Hebbeln. Besonders interessiert die Forscher, ob die Ölpest im nördlichen Golf von Mexiko, ausgelöst durch den Untergang der Ölbohrplattform Deepwater Horizon am 20. April 2010, direkte Auswirkungen auf die Kaltwasserkorallen hatte.

„Durch die bestehenden Strömungen wurden große Mengen Öl um die Küste Floridas herum in den offenen Atlantik transportiert“, erklärt Dr. Claudia Wienberg, die bereits Korallenriffe vor Irland, Nordwest-Afrika und im Mittelmeer untersuchte. „Videodokumentationen, die unsere amerikanischen Kollegen bei Tauchgängen vor dem Unglück gemacht haben, liefern uns den direkten Vergleich zur heutigen Situation. So können wir hoffentlich sehen, ob und in welchem Maße dieses sensible Ökosystem durch die Ölkatastrophe Schaden genommen hat.“

Die Expedition startet am 14. März 2012 von Barbados aus zu den Kaltwasserkorallen-Vorkommen im südlichen Golf von Mexiko und in der Florida Straße. 25 Tage lang werden die Bremer Meeresforscher vom MARUM zusammen mit Kollegen aus Deutschland, den USA, Italien und Mexiko die Lebensräume in der Tiefsee untersuchen. Begleitet werden sie von Thomas Willke, einem Korrespondenten der Zeitschrift bild der wissenschaft. In einem Logbuch wird er regelmäßig vom Leben und Arbeiten an Bord des Forschungsschiffes berichten (Logbuch unter: http://www.marum.de/Log_MSM20_4.html). Zudem besteht die Möglichkeit, während der Expedition Fragen an die Wissenschaftler an Bord zu stellen.

Mit auf Expedition sind Wissenschaftler folgender Institute:

GEOMAR – Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung (Kiel),
CNR-ISMAR – Institute of Marine Science (Bologna, Italien),
MARUM – Zentrum für Marine Umweltwissenschaften, Universität Bremen,
RSMAS – Rosenstiel School of Marine and Atmospheric Science (Miami, USA),
SaM – Senckenberg Institut am Meer (Wilhelmshaven),
UABCS – Universidad Autónoma de Baja California Sur (Mexiko)
Weitere Informationen / Interviewanfragen / Bildmaterial:
Jana Stone
MARUM-Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: 0421 218 65541
Email: jstone@marum.de
MARUM entschlüsselt mit modernsten Methoden und eingebunden in internationale Projekte die Rolle des Ozeans im System Erde – insbesondere im Hinblick auf den globalen Wandel. Es erfasst die Wechselwirkungen zwischen geologischen und biologischen Prozessen im Meer und liefert Beiträge für eine nachhaltige Nutzung der Ozeane.

Das MARUM umfasst das DFG-Forschungszentrum und den Exzellenzcluster „Der Ozean im System Erde“.

Media Contact

Albert Gerdes idw

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