TA-Akademie sucht Bio-Indikatoren für Artenvielfalt
Für viele Tiere und Pflanzen fehlen genaue Bestandsdaten
Was haben Rauchschwalbe, Zwergdommel und Wanderfalke gemeinsam? Ihr Vorkommen ist ein Maßstab dafür, wie es in bestimmten Lebensräumen insgesamt um die Artenvielfalt bestellt ist. Die Rauchschwalbe etwa gilt als typischer Bewohner menschlicher Siedlungen, ihr Bestandsrückgang in Baden-Württemberg seit 1960 um 60 Prozent sagt somit etwas über die Dorfentwicklung aus. Und die verläuft aus Sicht der Artenvielfalt keineswegs nachhaltig. Ähnliches gilt für die Zwergdommel, die als Stellvertreter für alle Tiere an Gewässern herangezogen werden kann und ebenfallsimmer seltener wird. Positiv verläuft hingegen die Entwicklung des Wanderfalkenbestandes, der seit 20 Jahren stetig ansteigt und als Bio-Indikator für felsige Landstriche fungieren kann.
Eckhard Jedicke, Privatdozent am Institut für Geographie und Geoökologie der Universität Karlsruhe, hat im Auftrag der Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg (TA-Akademie) http://www.ta-akademie.de* die Bedeutung von Tierarten als Bio-Indikatoren zur Bewertung einer Nachhaltigen Entwicklungim Land untersucht. Hintergrund ist der sogenannte Statusbericht zur Nachhaltigen Entwicklung in Baden-Württemberg, den die TA-Akademie am 1. Dezember mit aktuellen Daten zum zweiten Mal veröffentlichen wird. Vor drei Jahren fehlte ein Kapitel über die Artenvielfalt und die Vielfalt von Landschaften und Ökosystemen noch völlig, weil keine verlässlichen Gradmesser dafür bekannt waren. Jedicke behilft sich jetzt mit Vogelarten, weil ihr Bestand über viele Jahre im ganzen Land kontinuierlich überwacht wurde. Für andere Tier- und Pflanzengattungen existieren dagegen weiterhin bestenfalls lokale Untersuchungen, die Schlimmes ahnen lassen. Nach groben Schätzungen sind 75 Prozent der Amphibien, 47 Prozent der freilebenden Säugetiere, 38 Prozent der Vogelarten, 38 Prozent der Schmetterlinge sowie 28 Prozent der Farn- und Blütenpflanzen in Baden-Württemberg ausgestorben oder stehen als gefährdete Arten auf der Roten Liste.
Angesichts dieser Zahlen fordert Jochen Jaeger, zuständiger wissenschaftlicher Mitarbeiter der TA-Akademie, möglichst rasch ein flächendeckendes Erfassungssystem für ausgewählte Arten aus allen Tiergruppen in Baden-Württemberg. Außerdem sollten seiner Meinung nach geeignete Gradmesser für die Entwicklung der Vielfaltvon Landschaften und Ökosystemen entwickelt werden. „Erhaltung der Artenvielfalt ist ein wichtiges Ziel von Nachhaltigkeit“, sagt Jaeger. Der Stoffkreislauf der Natur sei so komplex, dass schon der Ausfall weniger Arten weitreichende Folgen haben könne. Eine vielfältige Tier- und Pflanzenwelt habe neben ästhetischen und ethischen Gesichtspunkten auch eine wichtige Funktion als Anzeichen für eine stabile Umwelt, eine Verschlechterung der Lebensbedingungen für die einheimischen Tiere und Pflanzen bekomme deshalb letztlich auch dem Menschen nicht.
Ansprechpartner: Christian D. Leon 0711/9063-170
E-Mail: christian.leon@ta-akademie.de
*Eckhard Jedicke: „Biodiversitäts-Indikatoren zur Bewertung von Nachhaltigkeit in Baden-Württemberg“. Arbeitsbericht Nr. 162 der Akademie für Technikfolgenabschätzung, Juli 2000.
Bestellbar im Internet oder per Fax unter 0711/9063-286
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