Warnemünder Forscher entwickeln Stents einer neuen Generation für die Galle

Projektleiterin Privatdozentin Dr. Mareike Warkentin und Doktorandin Carolin Deutsch (v.l.) am Versuchsstand der Modellgalle. Foto: Olaf Specht

Patienten mit schweren Gallenerkrankungen können auf baldige Verbesserungen bei der oft schwierigen Behandlung hoffen. Forscher der Universität Rostock entwickeln neue Stents, die nicht mehr verstopfen: Weg vom Gartenschlauchprinzip der Stents, hin zu intelligenten Konstruktionen mit neuartigen bakterienhemmenden Beschichtungen und Materialien.

„GastroFreeFlow“ heißt das Forschungs-Projekt, das das Bundesbildungsministerium mit 1,5 Millionen Euro fördert und in dem neben Wissenschaftlern auch Industriepartner aus Mecklenburg Vorpommern sowie das Rostocker Klinikum Südstadt vereint sind. Die Projektleitung hat Privatdozentin Dr. Mareike Warkentin vom Lehrstuhl für Werkstoffe für die Medizintechnik der Universität Rostock.

Die promovierte Biologin und habilitierte Ingenieurin „brennt“ nahezu, wenn sie über ihre aktuelle Forschung spricht. „Dieses Projekt ist vor allem durch die fächerübergreifende Zusammenarbeit so reizvoll für mich“, sagt die 35-jährige Mutter einer kleinen Tochter.

Sie taucht tief ein in eine neue Dimension der Wissenschaft, ist auf der Suche nach neuartigen Lösungen. Das Ziel klar vor Augen: Gallengang-Stents einer neuen Generation mit wesentlich besseren gewebeähnlichen Eigenschaften zu entwickeln, die dann in Mecklenburg-Vorpommern produziert werden.

Die aktuelle Situation: Bei blockierten Gallengängen hilft ein so genannter Stent. Dabei handelt es sich um ein medizinisches Implantat, das in den verstopften Gallengang eingesetzt wird und Patienten auch das Leben rettet. Professor Hans-Christof Schober, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin am Rostocker Klinikum Südstadt, benennt als klinischer Partner des Forschungsprojektes das Problem:

„Ein großer Nachteil der Stents sei gegenwärtig, dass sie steif sind, den empfindlichen Gallengang reizen, schnell verstopfen und nach spätestens einem halben Jahr erneuert werden müssen“. Auch, weil sich sehr schnell an der Oberfläche des winzigen Röhrchens Bakterien ansiedeln. Das Wechseln der Stents sei mit Risiken für Patienten verbunden.

Carolin Deutsch, die in Rostock Maschinenbau studierte gehört ebenfalls zu den Akteuren des Forschungsprojektes. Sie „brütet“ beispielsweise über Simulationsrechnungen zum Fließverhalten der Galle. Gegenwärtig wird von ihr ein Modell der Gallenwege aufgebaut, um die neuentwickelten Konstruktionen in einem Langzeitversuch unter Bedingungen wie sie im menschlichen Körper herrschen, zu testen. Da mag der Satz: Da kommt einem die Galle hoch“, manchmal auch seine Bedeutung haben, wenn Ergebnisse nicht gleich wie gewünscht ausfallen.

Aber über diese Phase sind die Rostocker Forscher bereits weit hinaus. Ein erstes Patent für „intelligente Stents“ ist inzwischen erfolgreich angemeldet. Um Gallengang-Stents einer neuen Generation mit wesentlich besseren Eigenschaften wie eine gallenabweisende Beschichtung entwickeln zu können, schlägt Carolin Deutsch tagtäglich eine Brücke zwischen den Ingenieurswissenschaften und den Life Science-Wissenschaften.

Das macht für sie die Forschung und das Promovieren in diesem Bereich gleichermaßen anspruchsvoll und spannend. Auch der Ausblick, durch eigene Forschung und Entwicklung dazu beizutragen, dass die Lebensqualität von etwa knapp drei Millionen schwerkranker Patienten in Deutschland zu steigern, sei an dem Gastro Free Flow-Projekt für die junge Doktorandin eine ganz besondere Herausforderung, lässt sie wissen.

Professor Schober setzt viel Vertrauen in die Zusammenarbeit mit dem Warnemünder Lehrstuhl Werkstoffe für die Medizintechnik unter Leitung von Professor. Detlef Behrend und dem Center for Life Science Automation unter Leitung von Professorin Kerstin Thurow. Hier wird mit Hochdruck eine neue Materialgruppe, so genannte Polyurethane (PUR), beforscht. Das Ziel: neue Stents mit differenten Beschichtungen und Formen und differenten Stentöffnungen.

„Die Forschung ist von großer klinischer Relevanz“, sagt Prof. Schober. Und er weiß, wie emsig im Labor der Uni Rostock physikalische Phänomene untersucht werden, Wissenschaftler Testreihen fahren, akribisch prüfen, ob der Stent rund , gewölbt oder glatt sein muss und welche chemischen Zusammensetzungen oder Beschichtungen ganz genau die Lebensdauer entscheidend verlängern. Text: Wolfgang Thiel

Kontakt:
PD Dr. Dr. Mareike Warkentin
Universität Rostock
Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik
Lehrstuhl Werkstoffe für die Medizintechnik
Tel: 0381-54345-535
Fax: 0381-54345-540
Email: mareike.warkentin@uni-rostock.de

Media Contact

Ingrid Rieck Universität Rostock

Weitere Informationen:

http://www.uni-rostock.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Datensammlung für Tsunami-Frühwarnsysteme

Expedition MSM132 erforscht vulkanische Risiken in der Ägäis. Ein internationales Team von Forschenden ist heute mit der MARIA S. MERIAN in die Ägäis aufgebrochen, um das Vulkansystem Kolumbo bei Santorini…

Auf den Spuren des Megaerdbebens von 2011

Was war die Ursache des großen Tōhoku-Erdbebens von 2011, und wie können wir geologische Prozesse besser verstehen, um langfristig Küsteninfrastruktur zu schützen – zum Beispiel vor einem Tsunami wie vor…

Rettungsinseln für Wildbienen

Die Bedeutung von Steinbrüchen. Ein Forschungsteam der Universität Göttingen, des NABU in Rhede und des Johann Heinrich von Thünen-Instituts in Braunschweig hat die Bedeutung von Kalksteinbrüchen für den Wildbienenschutz untersucht….