Neue Methode für den Nachweis einzelner Moleküle

Das kompakte Gerät zum Nachweis multiresistenter Keime führt alle Reaktionsschritte automatisiert aus und liefert ein Ergebnis innerhalb einer Stunde. Schon ein einziges DNA-Molekül reicht für den Nachweis.
© Fraunhofer IPM

MEDICA 2021: Point-of-Care-Diagnostik.

Resistenzen gegen Antibiotika nehmen weltweit ständig zu. Forschende des Fraunhofer-Instituts für Physikalische Messtechnik IPM haben gemeinsam mit der LMU München ein Verfahren entwickelt, um multiresistente Keime sehr schnell zu erkennen. Die Besonderheit: Bereits ein einzelnes DNA-Molekül genügt für den Erregernachweis. Die Plattform soll künftig in der Point-of-Care-Diagnostik auf Krankenstationen oder in Arztpraxen eingesetzt werden – alternativ zur etablierten PCR-Analyse oder in Kombination mit anderen diagnostischen Methoden. Das System wird auf der MEDICA 2021 präsentiert.

Bei der Behandlung von bakteriellen Infektionen entscheidet das richtige Antibiotikum über den Erfolg der Therapie. Besonders schwierig ist die Auswahl des geeigneten Medikaments, wenn die Erkrankung durch multiresistente Erreger ausgelöst wird, die unempfindlich gegenüber vielen Antibiotika sind. Die Suche nach dem wirksamsten Antibiotikum erfordert oftmals Informationen über das Genom des Bakteriums. Diese sind in der Arztpraxis jedoch meist nicht sofort verfügbar, sondern erst nach einer Labordiagnose. Um den Vorgang zu beschleunigen und zu vereinfachen, entwickelt das Fraunhofer IPM gemeinsam mit der LMU München im Projekt (SiBoF), kurz für Signal-Booster für Fluoreszenz-Assays in der Molekularen Diagnostik, eine neuartige Plattform für den Erregernachweis anhand von einzelnen Molekülen auf einem mikrofluidischen Chip. Der Fokus liegt auf einer einfach zu bedienenden Point-of-Care-Erkennung (POC). Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF gefördert.

Erregerspezifische Erkennung auf Basis von DNA-Molekülen

Die portable, kompakte Test-Plattform verfügt über ein automatisiertes Fluidiksystem. Alle notwendigen Reagenzien werden in dem System vorgelagert. Der spritzgegossene Mikrofluidik-Chip wird in einer Schublade in das Testsystem eingebracht, wo es durch die Fluidik mit den Reagenzien versorgt wird, bevor die optische Auswertung stattfindet. »Wir weisen einen Teil des DNA-Strangs des Erregers nach. Hierfür genügt bei unserem neuen Verfahren bereits ein einzelnes DNA-Molekül, das an einer bestimmten Stelle am Mikrofluidik-Chip anbindet. Auf dem Chip befinden sich Fluidikkanäle, deren Oberflächen mit Bindungsstellen für spezifische Erreger präpariert wurden«, erläutert Dr. Benedikt Hauer, Wissenschaftler am Fraunhofer IPM.

Nanoantennen verstärken Fluoreszenzsignale

Typischerweise werden Ziel-DNA-Moleküle in-vitro mit Hilfe spezifischer Fluoreszenzmarker nachgewiesen. Die Besonderheit der neuen Methode des Fraunhofer IPM und der LMU München: Die Forscherinnen und Forscher setzen Antennen mit nanometergroßen Kügelchen ein, die die optischen Signale dieser Marker verstärken. Dadurch wird eine chemische Verstärkung über die Polymerase-Kettenreaktion (PCR) überflüssig. »Die optischen Antennen bestehen aus nanometergroßen Metallpartikeln, die Licht in einem winzigen Bereich bündeln und dabei helfen, Licht auszusenden – ähnlich wie makroskopische Antennen mit Radiowellen«, sagt Hauer, der das Forschungsprojekt am Fraunhofer IPM leitet. Diese Metallpartikel sind an der Oberfläche des Chips chemisch angebunden.

Ergebnis liegt nach einer Stunde vor

Eine von der LMU München speziell konstruierte Struktur aus DNA-Molekülen, ein sogenanntes DNA-Origami, hält die beiden Gold-Nanopartikel an Ort und Stelle. Zwischen diesen Nanopartikeln bietet die Struktur eine Bindungsstelle für das jeweilige Zielmolekül und einen Fluoreszenzmarker. Dieses patentierte Design bildet die Grundlage für die neuartige Assay-Technologie. »Die jeweils 100 Nanometer großen Partikel dienen als Antenne. In dem Hot-spot zwischen den beiden Goldpartikeln findet durch plasmonische Effekte eine Feldverstärkung statt. Platziert man dort einen Fluoreszenzfarbstoff, wird die detektierbare längerwellige Fluoreszenzstrahlung um ein Vielfaches verstärkt. Auf diese Weise kann mit einer kleinen, kompakten optischen Vorrichtung ein einzelnes Molekül erkannt werden«, erklärt der Forscher. Geringe Konzentrationen von Krankheitserregern lassen sich nachweisen. Das Ergebnis liegt schon nach einer Stunde vor und wird am Monitor angezeigt. Dies gilt nicht nur für multiresistente Keime, sondern für jede Art von DNA-Molekülen. Grundsätzlich lässt sich der Einzelmolekül-Assay auch auf Moleküle jenseits der DNA, wie RNA, Antikörper/Antigene oder Enzyme, anwenden. Die Funktionsweise des Verfahrens wurde durch zahlreiche Tests erfolgreich bestätigt.

Das Herzstück des POC-Geräts ist ein vom Fraunhofer IPM entwickeltes miniaturisiertes hochauflösendes Fluoreszenzmikroskop. Eine spezielle Bildanalysesoftware identifiziert die Einzelmoleküle und ermöglicht so die Zählung der eingefangenen Zielmoleküle für ein quantitatives Ergebnis. Angeregt wird die Fluoreszenz durch LED, die unterhalb der Kartusche mit den Fluidikkanälen angebracht sind.

Das patentierte System liegt als Demonstrator vor. Derzeit fehlt noch ein Modul zur Probenaufbereitung. Das POC-System für den spezifischen Nachweis von Erregern wird vom 15. bis 18. November auf der MEDICA 2021 in Düsseldorf in Halle 3/Stand E74 vorgestellt.

Media Contact

Holger Kock Leiterin PR und Kommunikation
Fraunhofer Institute for Physical Measurement Techniques IPM

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Bakterien für klimaneutrale Chemikalien der Zukunft

For­schen­de an der ETH Zü­rich ha­ben Bak­te­ri­en im La­bor so her­an­ge­züch­tet, dass sie Me­tha­nol ef­fi­zi­ent ver­wer­ten kön­nen. Jetzt lässt sich der Stoff­wech­sel die­ser Bak­te­ri­en an­zap­fen, um wert­vol­le Pro­duk­te her­zu­stel­len, die…

Batterien: Heute die Materialien von morgen modellieren

Welche Faktoren bestimmen, wie schnell sich eine Batterie laden lässt? Dieser und weiteren Fragen gehen Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) mit computergestützten Simulationen nach. Mikrostrukturmodelle tragen dazu bei,…

Porosität von Sedimentgestein mit Neutronen untersucht

Forschung am FRM II zu geologischen Lagerstätten. Dauerhafte unterirdische Lagerung von CO2 Poren so klein wie Bakterien Porenmessung mit Neutronen auf den Nanometer genau Ob Sedimentgesteine fossile Kohlenwasserstoffe speichern können…

Partner & Förderer