Nasenhöhlenkrebs: KI ermöglicht Durchbruch in der Diagnostik

Methylierungs-Array zur Bestimmung der DNA-Modifikationen.
© Jurmeister et al.

  • Forschende der LMU und der Charité haben eine Methode entwickelt, um schwer diagnostizierbare Nasenhöhlentumore zu klassifizieren
  • Mithilfe von künstlicher Intelligenz (KI) werden chemische Modifikationen der DNA analysiert
  • Vier Tumor-Gruppen mit unterschiedlicher Prognose wurden identifiziert

Tumore in der Nasenhöhle und der Nasennebenhöhle beschränken sich zwar auf einen kleinen Raum, umfassen aber ein sehr breites Spektrum mit vielen Tumorarten. Diese sind schwer zu diagnostizieren, da sie oft kein spezifisches Muster oder Erscheinungsbild aufweisen. Besonders gilt dies für die sogenannten sinonasalen undifferenzierten Karzinome oder kurz SNUCs.

Philipp Jurmeister analysiert Proben.
© LMU / v.zign

Nun ist es einem Team um Dr. Philipp Jurmeister und Prof. Frederick Klauschen vom Pathologischen Institut der LMU sowie Prof. David Capper von der Charité, zudem Wissenschaftler im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), Partnerstandorte München und Berlin, gelungen, die Diagnostik entscheidend zu verbessern: Sie entwickelten ein KI-Tool, das auf der Basis chemischer DNA-Modifikationen Tumore zuverlässig unterscheidet und die mit den bislang verfügbaren Methoden nicht unterscheidbaren SNUCs vier deutlich unterschiedlichen Gruppen zuordnet. Dies könnte auch neue Möglichkeiten für zielgerichtete Therapien eröffnen.

Tumorspezifische DNA-Modifikationen

Chemische Modifikationen der DNA spielen bei der Regulation der Genaktivität eine entscheidende Rolle. Dazu gehört auch die DNA-Methylierung, bei der DNA-Bausteine mit einer zusätzlichen Methylgruppe versehen werden. Bereits in früheren Studien konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass das Methylierungsmuster des Erbguts für verschiedene Tumorarten spezifisch ist, weil es auf die Ursprungszelle des Tumors zurückgeführt werden kann.

„Darauf basierend haben wir nun die DNA-Methylierungsmuster von fast 400 Tumoren in Nasen- und Nasennebenhöhle erfasst“, sagt Capper. Dank einer umfangreichen internationalen Kooperation gelang es den Forschenden, eine so große Probenzahl zusammenzutragen, obwohl diese Tumore selten sind und insgesamt nur etwa vier Prozent aller bösartigen Tumoren im Hals-Nasen-Bereich ausmachen.

Vier Tumor-Gruppen mit unterschiedlicher Prognose

Für die Analyse der Methylierungsdaten entwickelten die Forschenden ein KI-Modell, das die Tumore verschiedenen Klassen zuordnet. „Methoden des maschinellen Lernens sind dabei aufgrund der großen Datenmenge unerlässlich“, sagt Jurmeister. „Um tatsächlich Muster zu erkennen, mussten wir in unserer Studie mehrere Tausend Methylierungspositionen auswerten.“ Dabei zeigte sich, dass SNUCs in vier Gruppen eingeteilt werden können, die sich auch noch bezüglich weiterer molekularer Eigenschaften unterscheiden.

Diese Ergebnisse sind auch klinisch relevant, da die unterschiedlichen Gruppen verschiedene Prognosen haben. „Bei einer Gruppe beispielsweise ist die Prognose überraschend gut, obwohl die Tumoren unter dem Mikroskop sehr aggressiv aussehen“, sagt Klauschen. „Bei einer anderen Gruppe dagegen ist die Prognose schlecht.“ Auf der Basis der molekularen Eigenschaften der Gruppen könnten Forschende möglicherweise in Zukunft auch gezielte neue Therapieansätze entwickeln.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Philipp Jurmeister
Pathologisches Institut der LMU
Tel.: 089 2180 73680
E-Mail: Philipp.Jurmeister@med.uni-muenchen.de
https://www.pathologie.med.uni-muenchen.de/044mitarbeiter/aerzte/jurmeister_-phi…

Prof. Dr. med. David Capper
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Abteilung für Neuropathologie
Tel.: 030 450 536 498
E-Mail: David.Capper@charite.de
https://neuropathologie.charite.de/forschung/molekulare_neuropathologietumorepig…

Originalpublikation:

Philipp Jurmeister et al: DNA methylation-based classification of sinonasal tumors. Nature Communications 2022
https://www.nature.com/articles/s41467-022-34815-3

https://www.lmu.de/de/newsroom/newsuebersicht/news/nasenhoehlenkrebs-ki-ermoeglicht-durchbruch-in-der-diagnostik.html

Media Contact

LMU Stabsstelle Kommunikation und Presse
Ludwig-Maximilians-Universität München

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizintechnik

Kennzeichnend für die Entwicklung medizintechnischer Geräte, Produkte und technischer Verfahren ist ein hoher Forschungsaufwand innerhalb einer Vielzahl von medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin.

Der innovations-report bietet Ihnen interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Bildgebende Verfahren, Zell- und Gewebetechnik, Optische Techniken in der Medizin, Implantate, Orthopädische Hilfen, Geräte für Kliniken und Praxen, Dialysegeräte, Röntgen- und Strahlentherapiegeräte, Endoskopie, Ultraschall, Chirurgische Technik, und zahnärztliche Materialien.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Nanofasern befreien Wasser von gefährlichen Farbstoffen

Farbstoffe, wie sie zum Beispiel in der Textilindustrie verwendet werden, sind ein großes Umweltproblem. An der TU Wien entwickelte man nun effiziente Filter dafür – mit Hilfe von Zellulose-Abfällen. Abfall…

Entscheidender Durchbruch für die Batterieproduktion

Energie speichern und nutzen mit innovativen Schwefelkathoden. HU-Forschungsteam entwickelt Grundlagen für nachhaltige Batterietechnologie. Elektromobilität und portable elektronische Geräte wie Laptop und Handy sind ohne die Verwendung von Lithium-Ionen-Batterien undenkbar. Das…

Wenn Immunzellen den Körper bewegungsunfähig machen

Weltweit erste Therapie der systemischen Sklerose mit einer onkologischen Immuntherapie am LMU Klinikum München. Es ist ein durchaus spektakulärer Fall: Nach einem mehrwöchigen Behandlungszyklus mit einem immuntherapeutischen Krebsmedikament hat ein…

Partner & Förderer