Damit Erkältungsviren nicht gefährlich werden

Bei Patienten mit der Erbkrankheit zystische Fibrose können Schnupfenviren dafür sorgen, dass sie ins Spital müssen. Unterstützt vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) haben nun Forschende am Inselspital Bern die Gründe für diese Anfälligkeit geklärt – und eine mögliche Therapie entdeckt.

Zystische Fibrose (CF) oder Mukoviszidose ist eine vererbte Stoffwechselkrankheit, an der in der Schweiz etwa 1500 Menschen leiden. Aufgrund eines genetischen Defekts produziert der Körper von Betroffenen dickflüssige Körpersekrete. Die Folge: Ein zäher Schleim verklebt vor allem die Lunge. Die Krankheit ist bisher nicht heilbar; Betroffene haben eine verminderte Lebenserwartung.

Geschwächte Abwehr

Menschen mit zystischer Fibrose sind anfällig auf Schnupfen-, Erkältungs- und Grippeviren. Sie landen wegen solcher Infektionen manchmal im Spital. Weshalb diese Viren für CF-Kranke schädlich sein können, war bislang nicht klar. Ein Forschungsteam um Nicolas Regamey vom Inselspital Bern hat nun untersucht, wie sich die Atemwegszellen von Patienten mit CF gegen Schnupfenviren wehren. Dies gelingt ihnen aus zwei Gründen schlechter, wie die Forschenden in zwei kürzlich publizierten Studien (*) zeigen.

Zum einen lösen die Viren eine schwächere Immunantwort aus, weil im Vergleich mit Zellen von gesunden Menschen mehr Atemwegszellen aus den Bronchien von CF-Patienten absterben. Zum anderen setzen diese Atemwegszellen weniger zelleigene virenhemmende Substanzen, so genannte Interferone frei. Dadurch können sich die Viren in den Atemwegszellen von CF-Patienten rascher vermehren und grösseren Schaden anrichten.

Interferone als Zukunftstherapie?

Den Forschenden gelang es, die Vermehrung der Viren stark zu bremsen, indem sie den Atemwegszellen Interferon Beta zuführten. Interferone werden bereits heute als Medikament zur Behandlung von schweren Viruserkrankungen wie Hepatitis B und C eingesetzt. Eine britische Firma will diese Substanzen nun auch in klinischen Versuchen mit CF-Patienten testen. «Bis solche Substanzen auf dem Markt sind, werden CF-Patienten angehalten, sich jährlich gegen die Grippe impfen zu lassen», sagt Regamey.

Noch unklar ist, weshalb Menschen mit CF die verminderte Reaktion auf Schnupfenviren zeigen. Aus Resultaten von Tierversuchen und Beobachtungen an Patienten schliessen die Forschenden, dass die chronische Entzündung in den Atemwegen dafür verantwortlich sein könnte. Falls dies stimmt, würden vielleicht auch Patienten mit anderen chronischen entzündlichen Atemwegserkrankungen wie Asthma und der Raucherkrankheit COPD von der Behandlung mit Interferon Beta profitieren.

(*) Elisabeth Kieninger, Marjolaine Vareille, Brigitte S. Kopf, Fabian Blank, Marco P. Alves, Franziska M. Gisler, Philipp Latzin, Carmen Casaulta, Thomas Geiser, Sebastian L. Johnston, Michael R. Edwards and Nicolas Regamey (2012). Lack of an exaggerated inflammatory response upon virus infection in cystic fibrosis. European Respiratory Journal 39 :297-304

Marjolaine Vareille, Elisabeth Kieninger, Marco P. Alves, Brigitte S. Kopf, Alexander Möller, Thomas Geiser, Sebastian L. Johnston, Michael R. Edwards and Nicolas Regamey (2012). Impaired type I and type III interferon induction and rhinovirus control in human cystic fibrosis airway epithelial cells. Thorax online. doi:10.1136/thoraxjnl-2011-200405

(PDFs beim SNF erhältlich; E-Mail: com@snf.ch)

Media Contact

idw

Weitere Informationen:

http://www.snf.ch

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neue universelle lichtbasierte Technik zur Kontrolle der Talpolarisation

Ein internationales Forscherteam berichtet in Nature über eine neue Methode, mit der zum ersten Mal die Talpolarisation in zentrosymmetrischen Bulk-Materialien auf eine nicht materialspezifische Weise erreicht wird. Diese „universelle Technik“…

Tumorzellen hebeln das Immunsystem früh aus

Neu entdeckter Mechanismus könnte Krebs-Immuntherapien deutlich verbessern. Tumore verhindern aktiv, dass sich Immunantworten durch sogenannte zytotoxische T-Zellen bilden, die den Krebs bekämpfen könnten. Wie das genau geschieht, beschreiben jetzt erstmals…

Immunzellen in den Startlöchern: „Allzeit bereit“ ist harte Arbeit

Wenn Krankheitserreger in den Körper eindringen, muss das Immunsystem sofort reagieren und eine Infektion verhindern oder eindämmen. Doch wie halten sich unsere Abwehrzellen bereit, wenn kein Angreifer in Sicht ist?…

Partner & Förderer