Neue Perspektiven für die chirurgische Navigation in der Krebstherapie

Abteilung des Fraunhofer IGD von Prof. Georgios Sakas erhält Wolfgang-Müller-Osten-Preis 2002

Den diesjährigen Wolfgang-Müller-Osten-Preis zur „Förderung wissenschaftlicher Arbeiten auf dem Gebiet der Chirurgie“ wurde gemeinsam den Städtischen Kliniken in Offenbach und der Gruppe des Fraunhofer IGD von Prof. Dr. Georgios Sakas verliehen. Die IGD-Wissenschaftler entwickelten gemeinsam mit den Ärzten im Rahmen eines Forschungsprojekts ein zukunftsweisendes Navigationssystem, das die intraoperative Strahlentherapie (IORT) qualitativ entscheidend verbessert. Am 7. Mai 2002 wurde dieser renommierte Fachpreis im Rahmen des Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie in Berlin verliehen. Das Fraunhofer IGD wurde bei der Preisverleihung durch Stefan Walter vertreten, der die fachliche Entwicklung des Systems koordinierte und wesentliche Kernkomponenten selbst realisierte.

Das preisgekrönte System ermöglicht es, während der Operation chirurgisch nicht entfernbare Reste bösartiger Tumore zu erfassen und punktgenau zu bestrahlen. Über die multifunktionale Software des IORT-Systems erhält der Chirurg künftig während des Eingriffs die relevanten computertomographischen (CT) Daten des Patienten über ein Display dreidimensional visualisiert. Dieses virtuelle Patientenbild berücksichtigt die Anatomie des Patienten, an dem die Operation durchgeführt wird, das heißt Lage und Orientierung der Knochen, Weichteile etc. des Patienten und die dazugehörige dreidimensionale CT-Rekonstruktion sind räumlich in Deckung gebracht. Das integrierte Navigationssystem übermittelt nun – angekoppelt an das jeweilige chirurgische Instrument – in Echtzeit dem Operateur deren exakte Lage und Orientierung im Körper. Somit können nun die Instrumente zusammen mit den vorab auf den CT-Bildern identifizierten Tumorresten dreidimensional angezeigt werden, wodurch eine gezielte Navigation und Entfernung dieser Tumorreste während des Eingriffs möglich wird.

Das System ermöglicht nicht nur die Navigation, sondern unterstützt auch die gezielte präoperative Planung sowie eine exakte intraoperative Platzierung der Quellen für eine optimale, individuelle Strahlungstherapie während des Eingriffs. Der Radioloonkologe bzw. Strahlentherapeut kann den Applikator (flab oder Tubus) für die nachfolgende intraoperative Strahlenbehandlung gemäß der präoperativen Planung präzise positionieren und sicherstellen, dass die realisierte Positionierung am Patienten mit der Planung übereinstimmt. Dies ist äußerst wichtig, um die entsprechende Strahlendosis punktgenau zu verabreichen und damit unter anderem benachbartes, nicht befallenes Gewebe zu schonen. Zudem entsteht eine exakte quantitative Dokumentation über die Bestrahlungsdosis, die der Patient während des Eingriffs erhalten hat.

Der Wolfgang-Müller-Osten-Preis wird in der Regel jährlich von der Wolfgang-Müller-Osten-Stiftung in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie verliehen. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert und wird im Rahmen des Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie überreicht. Mit dem Preis zeichnet die Stiftung hervorragende wissenschaftliche Arbeiten aus, die sich insbesondere mit der Geschichte der Chirurgie, der Erhaltung von Substanz und Einheit der Chirurgie, der Zukunftsentwicklung der Chirurgie sowie der Qualitätssicherung der chirurgischen Tätigkeit in Krankenhaus und Praxis und den wissenschaftlichen und ethischen Grundlagen des ärztlichen, insbesondere des chirurgischen Berufes befassen. Der Preis – als alljährliche Auszeichnung der Gesellschaft – genießt in den relevanten medizinischen Fachkreisen einen entsprechend hohen Stellenwert.

Kurzprofil INI-GraphicsNet:
Das internationale Netzwerk der Graphischen Datenverarbeitung (INI-GraphicsNet) besteht aus dem Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD, dem Zentrum für Graphische Datenverarbeitung (ZGDV) e.V., beide in Darmstadt und Rostock, und dem Fachgebiet Graphisch-Interaktive Systeme (GRIS) der Technischen Universität Darmstadt. Weitere Institutionen des Netzwerkes sind das Fraunhofer-Anwendungszentrum für Computergraphik in Chemie und Pharmazie (AGC) in Frankfurt, das Fraunhofer Center for Research in Computer Graphics (CRCG) in Providence, Rhode Island (USA), das Centre for Advanced Media Technology (CAMTech) in Singapur, das Centro de Computaç“o Gráfica (CCG) in Guimar“es (Portugal), das Centre for Visual Interaction and Communication Technologies (VICOMTech) in San Sebastian (Spanien) und das Institute for New Media Technology (NEMETech) in Seoul (Süd-Korea).
Innerhalb des Netzverbundes sind an den acht Standorten über 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie rund 560 wissenschaftliche Hilfskräfte beschäftigt. Bei einem Haushalt von über 41 Millionen EURO bildet das INI-GraphicsNet weltweit den größten Forschungsverbund auf dem Gebiet der Graphischen Datenverarbeitung.

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Bernad Lukacin idw

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