In zehn Jahren könnten künstliche Hüftgelenke doppelt solange halten

Künstliche Hüftgelenksköpfe werden heute entweder aus Edelstählen, Cobalt-Chrom-Legierungen, oder Aluminiumoxidkeramiken hergestellt. Durch den Kontakt mit Körperflüssigkeit und Gewebe korrodieren Metalle jedoch, was die Lebensdauer eines solchen Hüftgelenks auf etwa fünf bis zehn Jahre begrenzt. Die Folge ist eine erneute, schmerzhafte Operation für den Patienten. Der Chrom- und Nickelanteil einiger Legierungen steht im Verdacht allergische Reaktionen des menschlichen Körpers auszulösen. Aluminiumoxid besitzt den Vorteil, nicht giftig und sehr abriebfest zu sein. Die Keramik ist aber z. B. bei einem Sturz des Patienten bruchgefährdet, und sie ist teuer. Eine ideale Lösung wäre eine (preiswertere) Metallkugel als Kern mit einer Aluminiumoxidschicht als „Haut“. Eine ganze Reihe von Versuchen, eine solche keramische Beschichtung auf eine Metallkugel aufzubringen, sind bisher unbefriedigend verlaufen. Immer wieder gab es Probleme mit der Haftung oder der Porosität der Keramikschicht. Jetzt ist ein europäisches Forschungskonsortium auf einem vielversprechenden Weg.

Professor Dr.-Ing. Günter Borchardt vom Institut für Metallurgie und sein Mitarbeiter Dipl. Phys. Gernot Strehl oxidieren einen Hochtemperaturwerkstoff, eine Eisen-Chrom-Aluminiumlegierung (Fe-20Cr-5Al). Bei hohen Temperaturen, aber noch unterhalb der Rekristallisationstemperatur bildet der Werkstoff selbst die Aluminiumoxidhaut aus. Derart gefertigt, gibt es keine Haftungsprobleme zwischen Metall und Keramik. Die so hergestellte Oxidschicht ist dick genug, um als chemische Barriere zwischen dem Metall und der Körperflüssigkeiten zu wirken, und sie ist unter den simulierten Belastungen des Einsatzes im Körper so abriebfest, dass eine Lebensdauer von zehn bis zwanzig Jahren prognostiziert wird.

„Die einzig offene Frage ist die Oberflächenbeschaffenheit, denn es bilden sich Nadeln auf der Korundschicht, die im Gegenstück, der Hüftgelenksschale aus Polyethylen, zu Schäden führen würden. Durch eine geeignete Führung des Oxidationsprozesses wollen wir diese Nadelbildung unterdrücken“, erklärt Dipl. Phys. Gernot Strehl.

Die europäischen Projektpartner sind das spanische materialwissenschaftliche Forschungslaboratorium CENIM in Madrid, das Unternehmen Surgival in Valencia, das Unternehmen Plansee im österreichischen Reutte, das Biomechanische Institut (IBV) ebenfalls in Valencia, das europäische Forschungszentrum JRC in Ispra und das italienische Orthopädie-Institut (IOR) in Bologna.


Weitere Informationen:
Dipl. Phys. Gernot Strehl
Thermochemie und Mikrokinetik
Prof. Dr.-Ing. G. Borchardt
Technische Universität Clausthal
Robert-Koch-Straße 42
38 678 Clausthal-Zellerfeld
++49 (0)5323 72 2094
++49 (0)5323 72 3184
E-Mail: gernot.strehl@tu-clausthal.de

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Jochen Brinkmann idw

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