Vom Genom zum Proteom

FU-Medizin führend in der Erforschung von Eiweißen, die für Gesundheit und Krankheit zuständig sind
Neuartige Medikamente gegen Bluthochdruck in Sicht

Vom nächsten Schritt nach der Aufklärung des menschlichen Erbguts, der „Proteomforschung“, erhoffen sich Wissenschaftler eine gänzlich „neue Generation“ von Diagnosemethoden und Medikamenten. Ein Beispiel sind gezielte Arzneistoffe zur Behandlung des Bluthochdrucks. Mit führend in der Proteomforschung ist der Fachbereich Humanmedizin der Freien Universität Berlin, der vom Bundesforschungsministerium mit zusätzlich rund fünf Millionen Mark gefördert wird. Privatdozent Dr. Hartmut Schlüter von der Medizinischen Klinik IV (Leiter: Prof. Walter Zidek) baut in Kooperation mit dem Institut für Klinische Pharmakologie der FU ein „Zentrum für funktionelle Proteomforschung“ auf und kann bereits erste Forschungserfolge vorweisen. Mit diesem Projekt erhält nicht nur die Forschungslandschaft Berlin, sondern die Bioforschung in Deutschland insgesamt neue Impulse.

Bekanntlich wurde in der letzten Zeit das Genom – die Gesamtheit der menschlichen Gene – in seiner Struktur aufgeklärt. Gene liefern durch Umwandlungsprozesse die notwendigen Eiweißkörper, welche die Struktur und Funktion jeder Zelle aufrecht erhalten. Für „normale“ und krankhafte Prozesse im Organismus sind also nicht die Gene selbst, sondern die Proteine von entscheidender Bedeutung. Logischerweise gilt es, im nächsten Schritt die Gesamtheit der Proteine zu untersuchen. Die Proteomforschung ist allerdings komplizierter und weniger leicht zu automatisieren als die Genomforschung. Dies hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass die Vielfalt der Proteine die der Gene um ein vielfaches übersteigt, da bei den Umwandlungsprozessen zahlreiche Varianten auftreten. Zudem ist die dreidimensionale Struktur der Proteine äußerst komplex und ihre Funktionen zudem variabel. Von der Proteomforschung können jedoch neue, sehr viel gezieltere Arzneistoffe erwartet werden. Das Bundesforschungsministerium hat deshalb ein Programm „Neue effiziente Verfahren für die funktionelle Proteomanalyse“ aufgelegt. Auch die Biotech-Industrie erwartet mittelfristig neue Produkte aus dieser Forschungsrichtung und sucht Partner aus der Grundlagenforschung, wie sie am UKBF betrieben wird.
In einer solchen Kooperation entwickelt Hartmut Schlüter mit Hilfe der BMBF-Förderung eine neue, von ihm erarbeitete Methode für die Proteomforschung weiter. Das Verfahren zielt darauf ab, neue unbekannte Proteine mit enzymatischen Eigenschaften anhand ihrer Funktion zu identifizieren. Die Kreislaufforschung hat hierbei eine Vorreiter-Funktion übernommen. Hier geht es insbesondere um gefäßwirksame Peptidhormone, die für Fehlfunktionen wie Bluthochdruck bedeutsam sind. Die Struktur solcher Proteine wird vor allem mit massenspektrometrischen Verfahren untersucht.
Einige moderne Mittel gegen zu hohen Blutdruck greifen in das Angiotensin-System ein. (Siehe auch UKBF-Mediendienst Nr. 96 a vom 13.12.2000.) Der menschliche Organismus ist aber offenbar in der Lage, Angiotensin auch dann noch mit Hilfe anderer Enzyme zu produzieren, wenn die „Hauptenzyme“, die an der Angiotensinbildung beteiligt sind, durch die Angiotensin-Hemmer blockiert sind. Hier konzentriert sich die Forschung auf die Frage, welche Enzyme es sind, die das „Konkurrenz-Angiotensin“ fördern. Schlüter fand in der Niere außer den bereits bekannten weitere Enzyme, die in der Lage sind, Angiotensin II herzustellen. Daraus ergeben sich Möglichkeiten, weitere Medikamente zur Unterdrückung der Angiotensin-II-Produktion zu finden.

Ansprechpartner:
PD Dr. rer. nat. Hartmut Schlüter
Universitätsklinikum Benjamin Franklin (UKBF)
Medizinische Klinik IV
Hindenburgdamm 30, 12200 Berlin
Tel.: (030) 8445-1741, Fax: -4235
E-Mail : hschluet@zedat.fu-berlin.de
sowie
Prof. Dr.med. Walter Zidek
Tel.: (030) 8445-2441, Fax: -4235
E-Mail: zidek@zedat.fu-berlin.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Neuronen können Energie sparen, wenn sie manche Proteine direkt in ihren Dendriten (rechts im Bild) produzieren (blauer Pfeil nach unten).

Energie Sparen: Neurone Tragen Zu Nachhaltigen Lösungen Bei

Nervenzellen haben erstaunliche Strategien, wie sie Energie sparen können und trotzdem die wichtigsten ihrer Aufgaben erfüllen können. Forschende des Universitätsklinikums Bonn (UKB) und der Universität Bonn sowie der Universitätsmedizin Göttingen…

Forschungsprojekt ARAS am EKFZ ( v.l.): Claudia Wojciechowski, Anja Stübner, Dr. Jessica Barlinn, Dr. Simon Winzer, Maren Kählig

KI Optimiert Akutversorgung Bei Schlaganfall

Rund 1.800 Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf Schlaganfall wurden 2024 über das telemedizinische Schlaganfallnetzwerk Ostsachsen versorgt. | Mittels Telemedizin wird flächendeckende und qualitativ hochwertige Versorgung von Akutfällen sichergestellt. |…

Das jetzt noch von Meereis bedeckte Nordpolarmeer wird im Sommer monatelang eisfrei sein.

Arktis 2100: Die Neue Landschaft der Klimaveränderung

Am 2. Februar 2025 lag die Temperatur am Nordpol mitten im arktischen Winter über dem Gefrierpunkt. Bereits heute verändert die Erderwärmung die Arktis dramatisch. Bis zum Jahr 2100 werden die…