Neue Perspektiven für Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern

Erwachsene Herzkranke, die einen Kinderarzt aufsuchen müssen, sind derzeit keine Seltenheit. Bisher waren angeborene Herzfehler – die häufigsten angeborenen Erkrankungen überhaupt – meist beim Kinderkardiologen angesiedelt, schließlich erreichten Kinder mit angeborenen Herzfehlern nur in Ausnahmefällen das Erwachsenenalter.

Das ist heute anders: Dank der enormen medizinischen und technischen Fortschritte gibt es immer mehr Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern (EMAH). In Deutschland leben nach wissenschaftlichen Schätzungen derzeit 180.000 EMAH-Patienten, in zehn Jahren wird diese Zahl auf 225.000 ansteigen, andere Experten gehen gar von 227.000 Patienten aus.

Das Nationale Register Angeborene Herzfehler, das vor vier Jahren im Rahmen des Kompetenznetzes gegründet wurde, versucht diese Patienten möglichst komplett zu erfassen. Um dieser neuen Patientengruppe gerecht zu werden, wurde jetzt von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie erstmals eine S 2-Leitlinie herausgegeben – gemeinsam erarbeitet von allen kardiologischen Fachgesellschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie den entsprechenden Kompetenznetzen und Patientenorganisationen.

„Die Leitlinie gibt einen Überblick über die medizinischen Besonderheiten der angeborenen Herzfehler im Erwachsenenalter“, erläutert der Herausgeber Prof. em. Prof. h. c. Dr. Achim A. Schmaltz aus Essen. „Zunächst werden verschiedene medizinische Aspekte wie Hämodynamik, Arrhythmien oder Zyanose dargestellt, dann tabellarisch die wichtigsten einzelnen Herzfehler abgehandelt.

Der Leser findet eine exzellente Handlungsanleitung zur Langzeitbetreuung der einzelnen Herzfehler.“ Deutlich wird auch, dass viele Erwachsene mit operiertem oder teilweise operiertem angeborenen Herzfehler einer konsequenten Langzeitbetreuung bedürfen. Schmaltz: „Herzrhythmusstörungen, Bluthochdruck, hämatologische Probleme treten gehäuft auf, manche einfache Herzfehler zeigen typische Spätkomplikationen wie eine Aortenisthmusstenose, während das Endokarditisrisiko lange Zeit wohl überschätzt wurde.

“ An erster Stelle der angeborenen Herzfehler stehen Ventrikel- und Vorhofseptumsdefekte, deren Langzeitverlauf meist ausgesprochen gutartig ist, wohingegen die Aortenisthmusstenose mit dem Hochdruck- und Aneurysma-Risiko einer genaueren Nachkontrolle bedarf. Unter den vormals zyanotischen Herzfehlern bereitet die Fallot´sche Tetralogie am häufigsten im Langzeitverlauf Probleme.

In den kommenden Jahren wird es weitere Fortschritte in der Behandlung von EMAH-Patienten geben: „Sie werden besonders von den Fortschritten der interventionellen Kardiologie profitieren“, erläutert Schmaltz. Diese vermeide das erhöhte Reoperationsrisiko und könne auf vielfältige Weise Residuen durch transkutanen Klappenersatz, Embolisation von Kollateralgefäßen, Dilatation und Stentimplantation von Stenosen beseitigen. „Hier sind dem Erfindergeist keine Grenzen gesetzt“, glaubt Schmaltz.

Außerdem wird auch die vor kurzem beschlossene Zusatzausbildung EMAH für Ärzte in den kommenden Jahren Früchte tragen und die bisherige Lücke in der medizinischen Versorgung schließen: Bisher haben sich schon fünf internistische und 25 Kinderkardiologen um eine Zertifizierung beworben, die ersten Prüfungen finden in diesem Monat statt. Patienten mit komplizierten angeborenen Herzfehlern und Fontanzirkulation, Conduit oder Klappenersatz rät Schmaltz, mit einem zertifizierten EMAH-Mediziner und einem überregionalen EMAH-Zentrum wie es beispielsweise in Berlin, Essen, München und Münster existiert, zusammenzuarbeiten.

Den vollständigen Text der „Medizinischen Leitlinie zur Behandlung von Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern (EMAH)“ finden Sie auf der Homepage der DGK www.dgk.org unter „Leitlinien“.

Kontakt:
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK)
Pressestelle
Prof. Dr. Eckart Fleck / Christiane Limberg
Achenbachstr. 43
40237 Düsseldorf
Tel.: 0211 / 600 692 – 61
E-Mail: limberg@dgk.org
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit heute mehr als 6640 Mitgliedern. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen und die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder. 1927 in Bad Nauheim gegründet, ist die DGK die älteste kardiologische Gesellschaft in Europa.

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Christiane Limberg idw

Weitere Informationen:

http://www.dgk.org

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