RUB-Ingenieure untersuchen Gefahren durch Wasserstoff in hochfesten Stählen

Dass moderne Autos in Zukunft nicht nur Benzin, Diesel oder Autogas tanken, sondern mit emissionsarmem Wasserstoff betrieben werden sollen, ist seit einigen Jahren Ziel von Forschung und Entwicklung. Wasserstoff kann aber nicht nur Treibstoff, sondern auch problematisch sein: Seine Anwesenheit in hochfesten Stählen, aus denen moderne Karosserien gefertigt werden, kann ohne Vorwarnung zu Rissen führen, und diese wiederum zum Versagen von Bauteilen. Bochumer Forscher haben die Gefahren genauer untersucht und neue Stähle auf die Probe gestellt.

Über ihre Ergebnisse berichten sie in RUBIN Werkstoff-Engineering, der aktuellen Sonderausgabe des RUB-Wissenschaftsmagazins.

Den vollständigen Beitrag mit Bildern zum Herunterladen finden Sie im Internet unter: http://www.rub.de/rubin

Plötzlich und unerwartet: Wenn Wasserstoff Stahl sprengt

Dass Autos trotz Komfort- und Sicherheitszuwachs nicht immer schwerer werden, ist neuen Stählen zu verdanken. Hochfeste Mehrphasenstähle haben schon bei geringem Durchmesser eines Karosserieteils eine sehr hohe Festigkeit, und trotzdem noch Verformungsreserven, die bei einem Unfall dafür sorgen, dass sich das Teil verformt, nicht aber bricht. Durch Umformung während der Fertigung wächst die Festigkeit weiter. Dabei kommt aber auch eine Gefahr ins Spiel, die nur hochfeste Stähle betrifft: Gelangen Wasserstoffatome in den Stahl – sei es schon während der Herstellung oder später z.B. durch Luftfeuchtigkeit – kann es zur gefürchteten Wasserstoff induzierten Spannungsrisskorrosion kommen. Dabei treten ohne Vorwarnung Risse auf, das Bauteil versagt. Bisher lagen für moderne Stähle so gut wie keine Untersuchungen zu diesem Thema vor. Die RUB-Forscher um Prof. Dr. Michael Pohl und Dr.-Ing. Sebastian Kühn nahmen hochfeste Mehrphasenstähle unter die Lupe, immer mit der Frage im Hinterkopf: Ist der Effekt für den Autobau gefährlich?

Sorgenfrei im Autobau

Sie setzten verschiedene Stahlproben unter Wasserstoffeinfluss unterschiedlichen statischen Zugbelastungen aus. Die Zeit bis zum Versagen der Probe galt als Maß für die Wasserstoffempfindlichkeit. Trat nach langer Zeit kein Bruch auf, galt der Stahl als unempfindlich für die Wasserstoff induzierte Spannungsrisskorrosion. Die Forscher testeten verschiedene Beladungen mit Wasserstoff und erhielten so für jeden geprüften Stahl ein Schaubild, das seine Empfindlichkeit veranschaulicht. Daran können Autobauer ablesen, bis zu welcher Spannung ein Stahl eingesetzt werden darf, ohne dass die Rissbildung droht. Fazit: Bei im Autobau üblichen Belastungen von Bauteilen wären sehr hohe Wasserstoffgehalte im Stahl notwendig, um einen Riss zu induzieren – die Stähle sind weitgehend sorgenfrei im Autobau einsetzbar.

Theoretische Rechnungen helfen Gegenstrategien entwickeln

Forscher am Interdisciplinary Centre for Materials Simulation (ICAMS) gehen dem Treiben kleiner Atome in Stählen im Detail auf den Grund. Mit Hochleistungscomputern berechnen sie das Verhalten der Atome theoretisch für kleine Einheiten. Dank vergröberter Modelle können sie dann auch größere Stahlbereiche betrachten und Strategien entwickeln, die Schädigungsprozesse verhindern. Dafür kommen zum Beispiel verschiedene Legierungsatome in Frage, die für den Werkstoff „ungefährliche“ Positionen für kleine Atome attraktiver machen als „gefährliche“, an denen es schnell zu Rissen kommt.

Weitere Themen in RUBIN Werkstoff-Engineering

Im RUBIN Werkstoff-Engineering finden Sie außerdem folgen Themen: Blitzschnell verschleißbeständige Bauteile; Widerstandsfähig gegen Rost und Reibung: Pumpenzentrum kümmert sich um das allgegenwärtige Stiefkind der Forschung; Dem Zufall auf die Sprünge helfen: Entwicklung neuer Werkstoffe durch Hochdurchsatzexperimente mit Materialbibliotheken; Die Sonne Wasser spalten lassen; Wenn Superlegierungen versetzt werden; Zerreißprobe: Wie Hitze die Mikrostruktur von Stahl durcheinanderbringt; Geflochtene Implantate; Bei extremer Kälte dem Magnetfeld widerstehen; Leichter abheben; Heißer ist besser: Kraftwerke umweltschonender machen; Wie eine lebende Haut: Neue Korrosionsschutzschichten sollen Defekte selbstständig heilen; Vom Atom zum Werkstoff: Interdisziplinäre Materialsimulation zu leichten Elementen in Eisen und Stahl. RUBIN ist in der Stabsstelle Strategische PR und Markenbildung zum Preis von 5 Euro erhältlich und online unter http://www.rub.de/rubin

Weitere Informationen

Dr.-Ing. Sebastian Kühn, Institut für Werkstoffe der RUB, Lehrstuhl Werkstoffprüfung (Prof. Dr.-Ing. Michael Pohl), Tel. 0234/32-25921, E-Mail: kuehn@wtech.rub.de

Redaktion: Meike Drießen

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Dr. Josef König idw

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Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

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