Werkstoff Titan: Erfindung der TU Braunschweig soll den Markt erobern

Titan-Legierungen im Rasterelektronenmikroskop. Auf der linken Seite ein Span aus der herkömmlichen Titan-Legierung, auf der rechten der aus der lanthanhaltigen Legierung. Entscheidend ist, dass der lanthanhaltige Span zwischen den einzelnen Segmenten nur wenig Zusammenhalt hat und deshalb leicht zerbröckelt.

Niedrige Fertigungskosten und neue Anwendungsfelder

Titan gilt als einer der Werkstoffe der Zukunft, erfordert bisher aber einen hohen Fertigungsaufwand. Durch den Zusatz von Lanthan kann das Metall jetzt leichter als bisher bearbeitet werden. Die neue Legierung, die an der Technischen Universität Braunschweig entwickelt und patentiert wurde, macht das Material nun für neue Anwendungsbereiche attraktiv.

Titan ist härter und gleichzeitig leichter als Stahl und dabei hitzebeständiger als Aluminium. In der Luft- und Raumfahrt sowie im Schiffs- und Automobilbau kommt das Metall aufgrund seiner hervorragenden Eigenschaften zum Einsatz. Aber auch in der Medizintechnik wird es geschätzt, da es die Herstellung korrosionsbeständiger und gut sterilisierbarer Instrumente ermöglicht und keinerlei Allergien auslöst. Im Vergleich zu konventionellen Werkstoffen wie Stahl hat Titan aber einen wesentlichen Nachteil: Es ist schwer zu bearbeiten. Denn beim Spanen des Metalls entstehen lange Wirrspäne, die einen hohen Werkzeugverschleiß und lange Fertigungszeiten bewirken, da eine Automatisierung des Prozesses nicht mögilch ist.

„Bei einigen Werkstücken verursacht die Bearbeitung derzeit 50 Prozent der Kosten“, erläutert Professor Joachim Rösler, Leiter des Instituts für Werkstoffe der TU Braunschweig. Mit seinen Mitarbeitern Carsten Siemers und Martin Bäker machte er sich auf die Suche nach einer Legierung mit günstigeren Eigenschaften. Nach dem Zusatz von Lanthan, eines Elementes aus der Gruppe der „seltenen Erden“, zerbröckeln die Späne zu kleinen Partikeln, die bei der Bearbeitung problemlos durch Kühlschmiermittel oder Druckluft entfernt werden können und so eine Fertigungsautomatisierung erfolgen kann.

„Unsere neue Legierung kann im Maschinenbau neue Anwendungsbereiche erschließen“, erläutert Rösler. „Röhrchen mit Durchmessern von weniger als fünf Millimetern, wie sie etwa in der Medizintechnik gebraucht werden, können jetzt problemlos aus Titan hergestellt werden. Die Späne müssen nicht mehr manuell entfernt werden und die Werkzeuge halten länger – das senkt die Bearbeitungszeiten und Fertigungskosten erheblich. Anwender, die Proben getestet haben, sind von den Eigenschaften begeistert.“

Mit der GfE Metalle und Materialien GmbH hat die TU Braunschweig jetzt einen Lizenzvertrag geschlossen, um das Material erstmals in größerem Umfang zur Anwendung zu bringen. Die GfE entwickelt und produziert Hochleistungsmaterialien für die Industrie. Ein erster, 80 Kilogramm schwerer Block wurde jetzt erschmolzen und soll in Kürze zur Weiterbearbeitung an Industriepartner geliefert werden.

„Jährlich werden weltweit etwa 75.000 Tonnen Titan produziert. Wir erwarten Marktanteile insbesondere in Bereichen, in denen aufwendige Anlagen und Instrumente in niedriger Stückzahl gefertigt werden, wie im Chemischen Apparatebau, in der Medizin- und Energietechnik und in der Lebensmittelindustrie. Das sind nach der Luftfahrt die wichtigsten Anwendungsfelder“, erläutert Rösler.

Kontakt:
Prof. Dr. Joachim Rösler
Technische Universität Braunschweig
Institut für Werkstoffe
Tel.-Nr.: 0531/391-3061
E-Mail: j.roesler@tu-braunschweig.de

Media Contact

Dr. Elisabeth Hoffmann idw

Weitere Informationen:

http://www.ifw.tu-bs.de/

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Die Materialwissenschaft bezeichnet eine Wissenschaft, die sich mit der Erforschung – d. h. der Entwicklung, der Herstellung und Verarbeitung – von Materialien und Werkstoffen beschäftigt. Biologische oder medizinische Facetten gewinnen in der modernen Ausrichtung zunehmend an Gewicht.

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