Ohne verbrannte Finger

Heiß geht es her: Beim Kunststoff-Spritzgießen herrschen in der Regel Temperaturen zwischen 120°C und 150°C, und für die dabei eingesetzte Automatisierungstechnik bedeutet das hohe Anforderungen. Ein Blick in eine der vier Anlagen der Weißhaar GmbH zeigt, welchen Belastungen die Greifersysteme täglich standhalten. Hier werden die stählernen Ölpumpenachsen vor dem Umspritzen zunächst in den Kavitäten einer Heizplatte auf rund 120 °C aufgeheizt, um so einen sicheren Verbund zwischen Achse und dem graphithaltigen Spezialkunststoff sicherzustellen. Die Temperatur muss mit einer Toleranz von maximal +/- 2°C eingehalten werden, weil größere Temperaturdifferenzen bei den Präzisions-Fertigteilen zu spürbaren Abweichungen in der Größenordnung von einigen Hundertstel Millimetern führen würden.

In Deißlingen hat der Kunststoffverarbeiter allein vier robotergestützte Spritzgießstationen in Betrieb, auf denen Ölpumpenteile für verschiedene deutsche Automobilzulieferer produziert werden. Damit die Produktion trotz der hohen Anforderungen reibungslos läuft, wurden die damit verbundenen Handhabungsaufgaben in die Hände von EGS gelegt, der wiederum in seinen Automatisierungslösungen ausschließlich Greifer von Sommer-Automatic verwendet. Sie sind zuverlässig und haben ein gutes Preis/Leistungsverhältnis.

Die Handhabungsaufgaben in der Produktionsstation übernimmt ein Sechsachsroboter des Typs Motoman HP20. Er ist mit zwei Vierfach-Greifeinheiten ausgestattet, die EGS aus acht Greifern des Typs GP406N-C aufgebaut und auf einer gemeinsamen Trägerplatte montiert hat. Diese pneumatisch angetriebenen Parallelgreifer aus dem Standardlieferprogramm von Sommer-Automatic sind für Betriebstemperaturen bis 80° C zugelassen. Sie bauen sehr kompakt, bieten im Verhältnis zu ihrer Baugröße eine hohe Greifkraft und sind mit 270 Gramm so leicht, dass sie den Einsatz einer kleinen und damit kostengünstigen Robotergröße erlauben. Zudem sind so robust, dass sie mindestens zehn Millionen Zyklen ohne jede Wartung überstehen – beste Voraussetzungen also für die wirtschaftliche Fertigungsautomation.

Gleichmäßiger Ablauf

„Mit diesen kompakten Greifern war es unseren Konstrukteuren möglich, eine sehr schmale Doppel-Greifeinheit zu bauen, die in einem Arbeitsgang vier Fertigteile entnehmen und vier Rohteile in die Form einlegen kann“, sagt Leo Weber, der bei EGS das Weißhaar-Projekt geleitet hat. Dazu nimmt der Roboter jeweils vier Inserts aus einer Heizplatte auf. Bevor sie aber in die Spritzgießform eingelegt werden, müssen die Teile zwei Prüfschritte durchlaufen, die eine hohe Produkt- und Prozessqualität sicherstellen und die teure Spritzgießform vor möglichen Beschädigungen schützen. Der Roboter fährt mit den Teilen zunächst vor eine Vierfach-Gabellichtschranke. Hier wird überprüft, ob die Teile gleichmäßig gegriffen wurden und keine der Achsen stirnseitig über die anderen herausragt. In einem zweiten Schritt kontrolliert ein Bildverarbeitungssystem, ob die Teile auch axial richtig positioniert sind. Denn falsch eingelegte Teile würden zu einer Zerstörung der Form führen.

Sobald diese Prüfschritte absolviert sind, können die Teile auf Anschlag in die Form eingelegt werden. Wenn sie sich nach dem Ende eines Spritzzyklus öffnet, fährt der Roboterarm in das Innere hinein, greift mit der ersten Vierfach-Greifeinheit die vier fertig umspritzten Ölpumpenkolben und zieht sie aus der Form heraus. Der Roboter fährt nun noch etwas tiefer in die Form hinein, legt die vier Rohteile aus der zweiten Greifeinheit in die Form ein und fährt schließlich mit den vier Fertigteilen komplett aus der Spritzgießmaschine heraus. Zur Prüfung der Vollzähligkeit fährt der Roboter mit den fertig umspritzten Teilen an die Vierfach-Gabellichtschranke heran. Erst wenn von hier das O.K. kommt, kann sich die Form wieder schließen und der Zyklus fortgesetzt werden.
Abschließend legt der Roboter die Fertigteile auf einem hitzebeständigen Förderband ab, das sie zur weiteren Verarbeitung transportiert.

„Mit unserer Automatisierungsanlage haben wir für unseren Kunden Weißhaar einen sehr gleichmäßigen Produktionsablauf erreicht. Gegenüber der manuellen Beladung sparen wir volle 30 Sekunden pro Schuss ein und sind jetzt bei einer Zykluszeit von 60 Sekunden angelangt“, freut sich Leo Weber.

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