Erlebniszentrum Cybernarium — virtuelle Welten, real erleben

Ausstellung „Cybernarium Days 2002“ in Darmstadt eröffnet

Der Besucher tritt in das Dunkel des Ausstellungsraumes. Auf einer riesigen Leinwand erscheinen im Strahl der Taschenlampe die kunstvollen Wandmalereien einer Tempelhöhle im chinesischen Dunhuang, erschaffen von buddhistischen Mönchen vor etwa 1500 Jahren. Er tritt ein in diesen dreidimensionalen virtuellen Raum und nähert sich der Buddha-Statue. Eine Stimme ist zu hören, die über die Bedeutung der Gottheit informiert, untermalt wird die Szene von traditionellen Zeremonienklängen. Die Betrachter sind gefesselt von der mysthischen Atmosphäre. Dann wechselt die Szenerie und sie tauchen ein in die großen Tanks des virtuellen Ozeanariums, begegnen Haien, Manta-Rochen oder Pilotfischen und erkunden die faszinierende Unterwasserwelt. Anschließend kann der Besucher in die scheinbar unendlichen Weiten des virtuellen Weltraums vordringen. Diese und weitere weltweit einzigartigen Exponate der Virtuellen und Erweiterten Realität – insgesamt sind es 15 – präsentiert das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD während der „Cybernarium Days“ vom 23. bis 28. Januar 2002. An sechs Tagen können Besucher in der Darmstädter Centralstation in virtuelle Welten eintauchen, Kunst, Geschichte, Forschung und Technik hautnah erleben und dabei die faszinierenden Möglichkeiten der Neuen Medien spielerisch erproben. Der Ausstellungsrundgang mit den Themeninseln „Lernraum“, „Spielstation“, „Arbeitsplatz“ und „Kunstwelt“ wird für die Gäste zu einer Reise in Mikrokosmos und Makrokosmos, Gegenwart und Zukunft. „Die Besucher können in die Rolle eines Chirurgen schlüpfen, der eine komplizierte Operation durchführt, oder beim Tic Tac Toe-Spiel gegen den Computer gleichzeitig etwas über die Technologie der Augmented Reality, der Erweiterten Realität, erfahren“, erläutert Dr. Stefan Müller vom Fraunhofer IGD. Ganz neue und irritierende Erfahrungen vermittelt die Kunstinstallation „Augmented Man“: Die Besucher begegnen sich selbst in einem virtuellen Raum. Die Spiegel zeigen deren Bild aus einer versetzten Zeitebene. Unter die Betrachter mischt sich eine virtuelle Person, die mit Ihnen Kontakt aufnimmt. Ein weiteres einmaliges Exponat ist die Laserprojektion von mathematischen Ästhetikwelten, so genannten Fraktalen, auf eine Halbkugel. Es entstehen dabei ständig neue Formen von beeindruckender Farbintensität und Tiefenschärfe.
Ob Kunst, Spiel, Arbeit oder Lernen – die Cybernarium Days bieten ein großes Spektrum an unterschiedlichen Exponaten und richten sich an ein breites Publikum. „Wir wollen mit der Ausstellung Schüler ebenso begeistern wie Senioren; Computerfreak, Wirtschaftsmanager oder Kunstliebhaber sollen sich Wissen intuitiv und spielerisch aneignen können“, beschreibt Stefan Müller das Konzept.

Die Exponate der sechstägigen Ausstellung geben einen ersten Vorgeschmack auf das Cybernarium: das weltweit einzigartige Erlebniszentrum mit Technologien der Virtuellen und Erweiterten Realität soll 2004 in Darmstadt eröffnet werden. Etwa 90 High-Tech-Simulationen können die Besucher dann erleben. Herzstück der auf derzeit 44 Millionen Euro geschätzten Anlage wird ein so genannter Cyberdome sein. Mit schätzungsweise 400 000 Besuchern jährlich ist zu rechnen. Initiator des Projektes ist der Vorsitzende des Vorstands der INI-GraphicsNet Stiftung und Direktor des Fraunhofer IGD Prof. José L. Encarnaç“o. Er ist sicher, dass die Schlüsseltechnologien der Virtual Reality (VR) und der Augmented Reality (AR) zukünftig Beruf und Freizeit nachhaltig verändern werden. Heute sind diese Möglichkeiten einer breiten Öffentlichkeit aber noch weitgehend unbekannt. Das geplante Cybernarium bietet die Chance mit Hilfe dieser Technologien virtuelle Welten real zu erleben. „VR und AR sind hervorragend geeignet, um komplexe Sachverhalte anschaulich zu vermitteln – auf eine Weise die Spaß macht“, betont Prof. Encarnaç“o. Im Erlebniszentrum könnten sehr einfach aktuelle Themen, von Fragen der Biotechnologie oder der BSE-Entstehung bis zur Urknalltheorie, verständlich dargestellt werden. Für ihn wird „das Cybernarium nicht nur in der Wissensvermittlung neue Maßstäbe setzen, sondern auch der Wirtschaft entscheidende Impulse für neue Entwicklungen geben“.

Cybernarium Darmstadt – ein Projekt wird Wirklichkeit

Die Entwicklung des Großprojektes wird rund 18 Monate und eine Million Euro in Anspruch nehmen. Die Hälfte dieser Summe ist über die Finanzierungszusage der Stadt Darmstadt gedeckt, weitere 500 000 Euro sind noch durch neue Förderer und Partner aufzubringen. Dafür ist ein Förderbeirat unter Leitung des Präsidenten der Technischen Universität Darmstadt Johann-Dietrich Wörner in Gründung. Die Projektentwicklung läuft bereits: Am 2. Januar dieses Jahres hat die von der INI-GraphicsNet Stiftung gegründete Cybernarium Projektgesellschaft ihre Arbeit aufgenommen. Deren Geschäftsführer Rolf Kruse nennt drei Hauptziele für das Erlebniszentrum: „Zum einen ermöglichen wir einer breiten Öffentlichkeit auf spielerische Weise diese Spitzentechnologien kennenzulernen. Zum anderen spielt in der Konzeption des Cybernariums neben der Wissensvermittlung der Faktor Unterhaltung eine wichtige Rolle.“ Drittens biete der Erlebnispark der Wirtschaft „schnellen Technologietransfer von Forschungserkenntnissen in die Unternehmen“. Zudem könnten Firmen ihre neuen Techniken und innovativen Produkte einbringen und demonstrieren, aber auch Teile des Cybernariums für Präsentationen und Events mieten. Das Angebot wird ein Unternehmen komplettieren, das Firmen und Kulturinstitutionen Dienstleistungen rund um anspruchsvolle interaktive Präsentationen anbietet.
Ziel der Projektentwicklung ist, über Eintrittsgelder und Einnahmen von Unternehmen sowie Crossmarketing und Franchising einen wirtschaftlich selbstständigen Betrieb zu realisieren. Für Rolf Kruse sind die Cybernarium Days 2002 ein Meilenstein für die Realisierung des Erlebniszentrums, denn hier könne erstmals das Interesse und die Reaktion der Besucher genauer evaluiert werden. Beginnend mit den Cybernarium Days widmet sich die Projektgesellschaft bis Herbst 2002 intensiv der Suche nach bzw. der Verhandlung mit Investoren und wird in dieser Zeit das vom Fraunhofer IGD erarbeitet Grobkonzept des Cybernariums zu einer schlüssigen detaillierten Konzeption ausarbeiten.
Dramaturgie, Raumgestaltung und Architektur des Erlebniszentrums müssen wirtschaftlich, funktional und ästhetisch geplant, die Technologien und Attraktionen im Hinblick auf Nutzbarkeit und Dauerbetriebsfähigkeit weiter entwickelt werden. Sobald Investoren gefunden sind, wird nach einer sechsmonatigen Phase der konkreten Planung mit dem Bau und der Produktion der Attraktionen begonnen. Läuft alles nach Plan, wird das Cybernarium im September 2004 eröffnet.

Darmstadts Magistrat erwartet von dem Erlebniszentrum Synergieeffekte und Impulse für den Standort: „Die Idee des Cybernariums komplettiert auf besondere Weise das Profil der Wissenschaftsstadt, die sich zu einem Zentrum der IT-Wirtschaft von europäischem Rang entwickelt hat“, betont Darmstadts Oberbürgermeister Peter Benz. Er ist überzeugt, die Stadt werde damit „über eine einmalige Infrastruktur im Sektor Informationstechnik verfügen“, welche einen „außerordentlich günstigen Faktor im internationalen Standortwettbewerb“ darstelle.

OB Benz ist Schirmherr der Cybernarium Days, die Stadt engagiert sich auch als Sponsor der Ausstellung. Trotz der kurzen Planungsphase von fünf Monaten ist es dem Fraunhofer IGD gelungen, weitere 17 Sponsoren für die Ausstellung „Cybernarium Days 2002“ zu finden. Deren großes Engagement in Form von finanziellen Zuwendungen und Sachleistungen haben die Cybernarium Days in diesem Rahmen erst möglich gemacht: So haben Firmen unter anderem die gesamte Projektionstechnik und die Rechner sowie mehrere hundert Kilo Plexiglas für die Ausstattung bereitgestellt. Dr. Stefan Müller wertet das große Interesse seitens der Unternehmen als deutliches Signal für das zu erwartende und notwendige Engagement der Wirtschaft im Rahmen des Cybernarium-Projektes.

Kurzprofil INI-GraphicsNet:

Das internationale Netzwerk der Graphischen Datenverarbeitung (INI-GraphicsNet) besteht aus dem Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung IGD, dem Zentrum für Graphische Datenverarbeitung (ZGDV) e.V., beide in Darmstadt und Rostock, und dem Fachgebiet Graphisch-Interaktive Systeme (GRIS) der Technischen Universität Darmstadt. Weitere Institutionen des Netzwerkes sind das Fraunhofer-Anwendungszentrum für Computergraphik in Chemie und Pharmazie (AGC) in Frankfurt, das Fraunhofer Center for Research in Computer Graphics (CRCG) in Providence, Rhode Island (USA), das Fraunhofer Centre for Advanced Media Technology (CAMTech) in Singapur und das Centro de Computaç“o Gráfica (CCG) in Guimar“es (Portugal).
Innerhalb des Netzverbundes sind an den sechs Standorten über 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie rund 560 wissenschaftliche Hilfskräfte beschäftigt. Bei einem Haushalt von über 41 Millionen EURO bildet das INI-GraphicsNet weltweit den größten Forschungsverbund auf dem Gebiet der Graphischen Datenverarbeitung.

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Bernad Lukacin idw

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