Interaktive Fernassistenz überbrückt räumliche Distanz

Digitale Einblendung von Handlungsanweisungen zur Unterstützung per Fernassistenz.
Fotografik: CMC-Kiesel/oculavis

Entfernt und doch nah:

Die Professur Arbeitswissenschaft und Innovationsmanagement der TU Chemnitz ist am Forschungsprojekt „TeleInteraction-XR“ beteiligt, in dem die Fernassistenz im Maschinen- und Anlagenbau durch neue Technologien der Virtual und Augmented Reality ermöglicht wird.

Der Maschinen- und Anlagenbau ist eine wesentliche Säule der deutschen Industrie, hochkomplexe Maschinen und Anlagen werden in die ganze Welt verkauft. Damit zusammenhängende Service-Aufgaben, wie Inbetriebnahmen, Wartungen oder Schadensbehebungen, setzen oft hochspezialisiertes Wissen der herstellenden Unternehmen voraus. Dies stellt die Hersteller vor großen Herausforderungen, denn der Vor-Ort-Einsatz der dafür notwendigen Expertinnen und Experten der Unternehmen ist aufwendig, kostspielig und limitiert. Zudem verschlechtert das hohe Reiseaufkommen die Arbeitsbedingungen der betroffenen Mitarbeitenden, wodurch wiederum die Unternehmen im Wettbewerb um die besten Fachkräfte an Attraktivität verlieren.

Im Forschungsprojekt „TeleInteraction-XR“ werden neue Ansätze zur Fernassistenz untersucht

Eine Lösung dieses Problems liegt in der Unterstützung der vor Ort an den Maschinen und Anlagen arbeitenden Menschen aus der Ferne. Doch geeignete Kommunikations- und Interaktionstechnologien für eine ausreichend gute Fernassistenz zur Umsetzung dieser hochkomplexen Aufgaben fehlen bisher. Neue Ansätze bieten hierbei immersive Technologien der Virtual und Augmented Reality (VR/AR). Das im Oktober 2022 in Deutschland gestartete Forschungsprojekt „TeleInteraction-XR“ widmet sich der Entwicklung und Erprobung einer Lösung, die beide technologische Ansätze kombiniert und so eine neue Form der Telepräsenzinteraktion ermöglicht. Zum Forschungs- und Entwicklungsverbund, der von der CMC-Kiesel GmbH aus Hechingen koordiniert wird, gehören neben der Professur Arbeitswissenschaft und Innovationsmanagement (Leitung: Prof. Dr. Angelika Bullinger-Hoffmann) der TU Chemnitz drei weitere kleine und mittlere Unternehmen – die oculavis GmbH aus Aachen, die ULT AG aus Löbau sowie die imsys GmbH aus Leonberg.

Telepräsenzinteraktion ermöglicht distanzüberbrückende Zusammenarbeit

Wie soll die praktikable Lösung aussehen? Die Expertinnen und Experten eines Maschinen- oder Anlagenherstellers – an einem Ort A – sollen mit Hilfe der Telepräsenzinteraktion die Sicht der Mitarbeitenden an einem Ort B sehen, während letzteren die Handlungsanweisungen der Expertinnen und Experten in ihr Sichtfeld projiziert werden. Die Übertragung von Audio soll die visuellen Rückmeldungen ergänzen und ein multimodales Interaktionskonzept ermöglichen. „Dadurch können Expertinnen und Experten trotz räumlicher Distanz in natürlicher Weise den Mitarbeitenden vor Ort sozusagen über die Schulter schauen und diese bei komplexen Aufgaben anleiten und begleiten“, berichtet Dr. Frank Dittrich, Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Professur Arbeitswissenschaft und Innovationsmanagement, der das Projekt zusammen mit der CMC-Kiesel GmbH und der oculavis GmbH initiierte. „Bisher nicht befähigte Mitarbeitende vor Ort können mit dieser Art der distanzüberbrückenden Zusammenarbeit selbstständig komplexe Aufgaben bewältigen“, so Dittrich weiter. Dies führe zu einer optimierten Nutzung der Arbeitszeit von Expertinnen und Experten bei gleichzeitiger Befähigung der Mitarbeitenden vor Ort und trage so zur Bewältigung des Fachkräftemangels bei. Weniger Reiseaufkommen erhöhe die wirtschaftliche, soziale und ökologische Nachhaltigkeit und verbessere die Arbeitsbedingungen.

Technologie wird nutzungszentriert entwickelt und im praktischen Einsatz erprobt

Im Projekt sollen dafür aufbauend auf den beiden VR- und AR-Remote-Systemen der CMC-Kiesel GmbH und oculavis GmbH im Rahmen eines von der TU Chemnitz methodisch begleiteten nutzungszentrierten Entwicklungsprozesses drei Lösungswege umgesetzt und erprobt werden. Dittrich erläutert diese Szenarien: „Als einfachste Umsetzungsstufe erfolgt die Verwendung von bestehenden 3D-Modellen als digitaler Zwilling, anhand dessen Expertinnen und Experten Service-Aufgaben umsetzen und diese Handlungsanweisungen in Echtzeit in die reale Umgebung der jeweiligen Maschinen und Anlagen vor Ort übertragen werden. Da hierbei reale Veränderungen, wie Schäden, oder kontextbezogene Informationen nicht sichtbar sind, sollen in einer zweiten Umsetzungsstufe 360°- bzw. stereoskopische Bildaufnahmen live vom Arbeitsraum an der realen Maschine oder Anlage in die VR übertragen werden. In einer dritten Umsetzungsstufe soll darauf aufbauend mittels Live Volumetric Streaming eine 3D-Digitalisierung des Arbeitsraums der realen Maschine oder Anlage die Bildübertragungen ergänzen. Ab dem ersten Projektjahr werden entsprechende Lösungen bei den am Projekt beteiligten Anwendungsunternehmen, der ULT AG sowie der imsys GmbH aus arbeitswissenschaftlicher Perspektive erprobt und evaluiert.

Stichwort: Förderrichtlinie „Innovative Arbeitswelten im Mittelstand“

Gefördert wird das Projekt mit einer Laufzeit von Oktober 2022 bis September 2024 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit etwa einer Million Euro im Rahmen der Förderrichtlinie „Innovative Arbeitswelten im Mittelstand“. Ziel der Förderrichtlinie ist es, die Zusammenarbeit und Arbeit von Menschen mittels neuartiger digitaler Werkzeuge nachhaltiger zu gestalten.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Danny Rüffert, Telefon +49 371 531-34886, E-Mail danny.rueffert@mb.tu-chemnitz.de und Francisco Hernandez, Telefon +49 371 531-38896, E-Mail francisco.hernandez@mb.tu-chemnitz.de, von der Professur Arbeitswissenschaft und Innovationsmanagement der TU Chemnitz

http://www.tu-chemnitz.de/

Media Contact

Dipl.-Ing. Mario Steinebach Pressestelle und Crossmedia-Redaktion
Technische Universität Chemnitz

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