Die erste KI-gestützte, intelligente Montageplanungssoftware

Ein grafisches Tool des »Assembly Composer« ermöglicht, die Montage dreidimensional und spielerisch umzusetzen.
Rainer Bez / Fraunhofer IPA

Das Fraunhofer IPA geht neue Wege bei der Montageplanung: Eine Software wertet ohnehin vorhandene CAD-Daten aus, erstellt aus den gewonnenen Informationen Montageanleitungen und generiert automatisch kostengünstige Montageassistenzen. Die Software ist vom 21. bis 24. Juni 2022 live auf der Fachmesse automatica in München zu sehen.

Die Montageplanung und Montage selbst sind momentan noch kostspielig und zeitintensiv. Sie verschlingen 30 bis 50 Prozent der Personalkosten und umfassen etwa 20 Prozent der Gesamtkosten für die Herstellung eines Produkts. Mitunter fließt die Hälfte der Produktionszeit in diese Aufgaben. Gründe hierfür sind zum einen ein zeitintensives Vorgehen bei der Montageplanung mit vielen Schleifen. Zum anderen ist das zunächst naheliegende Umsatteln auf mehr Automatisierung oft aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen nicht gut umsetzbar. Sinnvoll wäre es deshalb, die Montageplanung mit der tatsächlichen Montage zu verknüpfen und beide Stellen zu optimieren. Hieran haben Expertinnen und Experten des Fraunhofer IPA in den letzten Jahren gearbeitet. Zuletzt erhielten sie hierfür eine Förderung des Exist-Programms vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

Datenauswertung als Grundlage

Grundlegende Technologie für alle Leistungen der neuen Software »ARCaide Assembly Suite« ist eine Künstliche Intelligenz (KI), die sogenannte STEP-Dateien analysiert und auswertet. Diese informationsreichen Dateien kann jedes CAD-System generieren. Sie liefern der »3D-Analyse-KI«, einer von drei Komponenten der Software, alle notwendigen Informationen, um strukturierte Montageinformationen präzise abzuleiten.

Dieser Vorgang erlaubt, einen bisher mühevollen Prozess zu automatisieren: Denn für die Montageplanung ist es üblich, einen Mix aus Informationen wie 2D-Bildern, Stücklisten und Modellbeschreibungen zu nutzen. Gerade für die Modellbeschreibungen waren oft Expertise und Erfahrung der Fachkräfte wichtig – alles in allem ein uneinheitlicher, aufwendiger und fehleranfälliger Prozess. Die Software reduziert somit Vorbereitungszeit und Personalkosten und vermeidet, dass bei der Datenerhebung aus den verschiedenen Informationsquellen Verständnisfehler oder Inkonsistenzen vorkommen.

Automatische Montageplanung

Die zweite Softwarekomponente ist der »Assembly Composer«. Dieser liest die extrahierten Montageinformationen aus der STEP-Datei aus und speist sie in ein grafisches Tool für die Montageplanung ein. Die Fachkräfte sehen damit die visualisierten Montageinformationen, sodass sie die Montage dreidimensional und spielerisch planen können. Auch dies war bisher ein rein manueller und oft unstrukturierter Prozess, der mit der Software schneller, günstiger und fehlerfrei wird. Durch die intuitive grafische Bedienung eröffnet sich damit auch für weniger erfahrene Anwenderinnen und Anwender die Möglichkeit, korrekte und konsistente Montageanleitungen und -videos in kürzester Zeit zu generieren. Erste interne Studien zur Nutzung ergaben eine Zeitersparnis von 92 Prozent bei der Erstellung von Montageanleitungen.

Anwenderspezifische Montageassistenz

Komplett wird das Trio an Softwarekomponenten durch die KI-Montageassistenz »KIM«. Nach Abschluss der Montageplanung können die Daten aus dem Büro, auf deren Basis die Software kostengünstig und schnell eine Montageassistenz bereitstellt, direkt am Montagearbeitsplatz eingesetzt werden. Diese Assistenz unterstützt die Fachkräfte insbesondere bei komplexen Produkten interaktiv. Die Ausgestaltung der Assistenz kann variieren. So ist es möglich, eine 2D- oder 3D-basierte Assistenz ausgeben zu lassen oder auch eine, die Augmented Reality nutzt und z. B. über eine smarte Brille nutzbar ist. Mithilfe von KIM wird das Personal produktiver und macht weniger Fehler sowohl bei der konkreten Montageaufgabe als auch bei anderen Faktoren wie beispielsweise der richtigen Reihenfolge der Montageschritte.

Alles in allem hebt ARCaide die manuelle Montage auf ein neues Niveau – und das bereits ab Losgröße 1. Die Software bündelt Fachwissen, nutzt verfügbare Daten mithilfe von KI intelligent und ermöglicht so, Personal in seinen Planungs- und Ausführungstätigkeiten optimal zu unterstützen. Das Interesse aus der Industrie für die Erprobung und Weiterentwicklung der Software bis zur Praxisreife ist bereits groß. Deshalb plant das Entwicklerteam des Fraunhofer IPA zeitnah eine Ausgründung und ist auf der Suche nach Testern für diese neuartige Technologie.

Weitere Informationen:

Messebeteiligung:
ARCaide wird auf der Fachmesse automatica am Stand des Fraunhofer IPA zu sehen sein. Besuchen Sie uns in Halle A4, Stand 429.

Förderung:
BMWi EXIST Forschungstransfer

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Alexander Neb; alexander.neb@ipa.fraunhofer.de; Telefon: +49 174 2494044

https://www.ipa.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/die-erste-ki-gestuetzte-intelligente-montageplanungssoftware.html

Media Contact

Dr. Karin Röhricht Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Informationstechnologie

Neuerungen und Entwicklungen auf den Gebieten der Informations- und Datenverarbeitung sowie der dafür benötigten Hardware finden Sie hier zusammengefasst.

Unter anderem erhalten Sie Informationen aus den Teilbereichen: IT-Dienstleistungen, IT-Architektur, IT-Management und Telekommunikation.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Robotisch assistiertes Laserverfahren soll OP-Risiken minimieren

Eine Spinalkanalstenose – eine knöcherne Verengung des Wirbelkanals – kann für Betroffene zur Qual werden. Drückt sie auf das Rückenmark, drohen ihnen chronische Schmerzen und Lähmungserscheinungen. Häufig hilft dann nur…

Verbesserte Materialien für die Verbindungen von Mikrochips

Leistungsfähiger, stromsparender, komplexer – Hersteller von modernen Microchips sehen sich stetig neuen Herausforderungen gegenüber, auch in Bezug auf die dort notwendigen elektrischen Verbindungen. Das Fraunhofer IPMS und BASF widmen sich…

Inspiriert von der Natur: Biophysiker aus dem Projekt InCamS@BI entwickelt neuartige Mikroplastikfilter im Labor

Heutzutage ist es überall zu finden: Mikroplastik. Es wird insbesondere durch die Luft und durchs Wasser in die entlegensten Winkel der Erde transportiert. Eine der großen Fragen lautet: Wie können…