Ursprung der Feenkreise

Ein vitaler Euphorbia-damarana-Busch, der am Rande eines viel größeren Feenkreises in der Region Brandberg wächst. Die Größenverteilung der abgestorbenen Sträucher stimmte nicht mit den Größen der Feenkreise in der Studie überein.
Foto: Dr. Stephan Getzin
Forschungsteam der Universität Göttingen widerlegt Euphorbia-Hypothese.
Die Feenkreise in der Namib sind eines der größten Rätsel der Natur. Millionen dieser kreisrunden, vegetationslosen Flecken erstrecken sich über weite Gebiete an den Rändern der Wüste in Namibia. 1979 veröffentlichte G.K. Theron die ersten Forschungen über ihre Entstehung. Seine Hypothese war, dass giftige Substanzen aus den Blättern der Euphorbia damarana die Feenkreise verursachen.
Im Rahmen einer neuen Studie fanden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Göttingen und des Gobabeb Namib Research Institute die ursprünglichen Euphorbia-Pflanzen, die Teil von Therons Studie waren. Vier Jahrzehnte später sind die Forschenden nun in der Lage, Therons ursprüngliche Hypothese schlüssig zu widerlegen. Ihre Ergebnisse wurden in der Zeitschrift BMC Ecology and Evolution veröffentlicht.
In den späten 1970er Jahren bemerkte der südafrikanische Botaniker Theron im Giribes-Gebiet im Nordwesten Namibias mehrere absterbende und sich zersetzende Euphorbia-Büsche. Er schlug daher vor, dass giftige Substanzen aus den Blättern dieser Pflanze die Gräser abtöten und Feenkreise hervorrufen könnten, und seine Hypothese wurde 1979 veröffentlicht. Im Rahmen der aktuellen Studie kehrten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in dasselbe Gebiet zurück und konnten die ursprünglichen Metallstäbe ausfindig machen, die die Pflanzen markierten. Im Jahr 2020 dokumentierte das Team diese abgelegenen Standorte zum ersten Mal im Detail, wobei es sowohl bodengestützte Fotografien als auch hochauflösende Drohnenbilder und historische Satellitenaufnahmen verwendete.

Foto: Dr. Stephan Getzin
Das Forschungsteam zeigt, dass sich keiner der markierten Euphorbien-Standorte zu einem Feenkreis entwickelte. Stattdessen wuchsen um alle Metallstäbe langlebige Grasbüschel. Dies widerspricht der Hypothese, dass die Gifte der Euphorbien das Wachstum anderer Pflanzen hemmten, weil diese Gräser überlebten. Da die Euphorbien-Hypothese besagt, dass nur abgestorbene und verrottende Büsche einen kahlen Fleck hervorrufen würden, maßen die Forschenden auch die Größe der absterbenden Euphorbien und verglichen sie mit den Größen der Feenkreise in denselben Untersuchungsparzellen. Außer in der Giribes wurde dieser zweite Teil der Studie auch am Brandberg durchgeführt.
In beiden Regionen konnten die Durchmesser der zerfallenden Euphorbien weder die Größen der viel kleineren, noch der viel größeren Feenkreise erklären. In einem dritten Teil der Studie wurden die räumlichen Muster der Feenkreise direkt mit den Mustern der Euphorbien in denselben Gebieten verglichen, um einen möglichen Zusammenhang zwischen beiden Verteilungen in den Regionen Giribes, Brandberg und Garub zu untersuchen. Die Muster von Büschen und Feenkreisen stimmten jedoch nicht überein: In vier von fünf Parzellen unterschieden sich die Muster signifikant, wobei die Kreise regelmäßig verteilt waren, während die Euphorbien überwiegend geklumpt auftraten. Folglich ist der Prozess, der das Muster der Feenkreise erzeugt, ein anderer als der, der das Muster der Euphorbien erzeugt.
Dr. Stephan Getzin, Abteilung Ökosystemmodellierung an der Universität Göttingen, fasst zusammen: „Als Theron vor mehr als vier Jahrzehnten seine ursprüngliche Euphorbien-Hypothese veröffentlichte, war er ein Pionier in der Feenkreis-Forschung: Damals war fast nichts über sie bekannt. Heute jedoch sehen wir das langfristige Ergebnis seines frühen Experiments und müssen – basierend auf unseren detaillierten Feldbeobachtungen – die Euphorbien-Hypothese verwerfen.“ Getzin erklärt: „Das Widerlegen von Hypothesen über den Ursprung von Feenkreisen ist ein wichtiger Schritt zur Lösung ihres Rätsels, weil es unser wissenschaftliches Verständnis voranbringt. Es ermöglicht uns, wahrscheinlichere Mechanismen zu identifizieren, die diese erstaunlichen Formationen sowie andere faszinierende biologische Phänomene erklären.“
Dieses Projekt wurde durch die Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ermöglicht.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:
Dr. Stephan Getzin
Georg-August-Universität Göttingen
Abteilung Ökosystemmodellierung
Büsgen-Institut
Büsgenweg 4, 37077 Goettingen
Telefon: 0551 3920637
Email: stephan.getzin@uni-goettingen.de
www.uni-goettingen.de/en/112105.html
Originalpublikation:
Getzin, S., Nambwandja, A., Holch, S. & Wiegand, K. (2021) Revisiting Theron’s hypothesis on the origin of fairy circles after four decades: Euphorbias are not the cause. BMC Ecology and Evolution, 21, 102. DoI: 10.1186/s12862-021-01834-5
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