Ältester See Europas besteht seit über einer Million Jahren
SCOPSCO-Tiefbohrung im Ohrid See (Mazedonien / Albanien) gewinnt nahezu lückenlose Klimadaten für die nördliche Mittelmeerregion. Auch die Ausbrüche italienischer Vulkane werden sich anhand der Bohrkerne genau datieren lassen.
Der Ohrid See besteht in seiner heutigen Form seit deutlich mehr als einer Million Jahren“, sagt SCOPSCO-Projektleiter Dr. Bernd Wagner von der federführenden Universität Köln. „Das können wir nach der ersten Analyse der gewonnenen Bohrkerne bereits sagen. Auf ein genaues Alter wollen wir uns zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht festlegen.“
Rund 565 Meter tief konnte das SCOPSCO-Team im Bohrloch 1D an der Bohrstelle DEEP in die Sedimente eindringen, bevor grobe Kiese und Geröll ein weiteres Vorankommen stoppten und den Beginn des heute existierenden Sees markierten. Die bisher erzielten drei Bohrungen an der Bohrstelle DEEP (2 x 480 m und jetzt 565 m) erlauben einen fast lückenlosen Blick in die Vergangenheit der nördlichen Mittelmeerregion. „Informationen von Vulkanausbrüchen in Italien werden uns ermöglichen, Ascheschichten in den Kernen exakt zu datieren und gleichzeitig erlaubt uns der Kern umgekehrt, das Alter bisher unbestimmter Vulkanausbrüche zu benennen“, ergänzt Bernd Wagner.
Dass bereits vier Wochen nach dem Beginn der Tiefbohrung der Kühlcontainer im Basislager, dem Hotel Desaret, randvoll sein würde, hatten selbst die größten Optimisten nicht vorhergesagt. Bisher läuft die SCOPSCO-Bohrkampagne nahezu perfekt. Also wurde schon eine erste Ladung Bohrkerne (insgesamt rund 900 laufende Meter Sediment) nach Köln geschickt und erreichte die dortige Universität unversehrt am Dienstag, 30. April.
Die untersten ca. 100 m im zuletzt erbohrten Loch bestanden vor allem aus fluviatilen oder glaziofluviatilen Sanden und Kiesen. Um das Bohrloch zu stabilisieren, wurden große Mengen Bentonit (sogenannter Bohrschlamm) eingesetzt. Es ist extrem unwahrscheinlich, dass sich unter den Kiesen und Geröllen an der Basis ältere Seesedimente finden, die auf die längere Existenz eines Sees an gleicher Stelle hinweisen.
Neben dem guten Fortschritt der Tiefbohrung wird vom ICDPProjekt am Ohrid See der Fund einer vermutlich über eine Million Jahre alten Dreikantmuschel gemeldet. Die Existenz der in 400 Meter Sedimenttiefe gefundenen Muschel aus der Überfamilie Dreissenoidea lässt weitere Fossilien in den gebohrten Sedimenten vermuten. Die Fossilien werden mit der heutigen Fauna abgeglichen. Ein wichtiger Puzzlestein bei der Beantwortung der Frage, welchen Einfluss geologische und Umweltereignisse auf Artbildungsprozesse haben.
Bei Rückfragen:
Fachfragen Geologie
Dr. habil. Bernd Wagner, Universität zu Köln, Institut für Geologie und Mineralogie, Tel.: (0221) 470 1605, E-Mail wagnerb@uni-koeln.de
Fachfragen Biologie
Prof. Dr. Thomas Wilke, Justus-Liebig-Universität Gießen, Institut für Tierökologie und Spezielle Zoologie, Tel.: (0641) 99 35720 E-Mail tom.wilke@unigiessen.de
Kontakt Presse:
Stefan Schorr, E-Mail: presse@ohrid-drilling.org
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.uni-koeln.deAlle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften
Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.
Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.
Neueste Beiträge
Die Sonne im Blick
Zerfall von nackten Thallium-205-Ionen enthüllt Geschichte über Millionen von Jahren. Die Sonne, der lebenserhaltende Motor der Erde, erzeugt ihre gewaltige Energie durch den Prozess der Kernfusion. Gleichzeitig setzt sie dabei…
Durchbruch für 5G und 6G
Fraunhofer HHI und Partner präsentieren weltweit ersten Open-Source-5G-FR2-MIMO-Demonstrator. Das Fraunhofer Heinrich-Hertz-Institut (HHI) und seine Partner Allbesmart, National Instruments (NI) und TMYTEK haben den weltweit ersten Open-Source 5G FR2 MIMO Demonstrator…
Neue Brennstofftechnologien für Fusionskraftwerke
Forschende des KIT und Partner entwickeln ersten Brennstoffkreislauf für Stellaratoren. Durch fast grenzenlose Energieerzeugung könnte die Kernfusion viele Versorgungsprobleme lösen. Doch die technische Umsetzung ist komplex und für den praktischen…