Mehr Solarstrom durch Lockdown: Sauberere Luft führt zu Ertragssteigerungen bei der Photovoltaik

Abweichungen der Sonneneinstrahlung Forschungszentrum Jülich/Hi-ERN

„Delhi ist weltweit eine der Metropolen mit der stärksten Luftverschmutzung“, sagt der Erstautor der Studie, Ian Marius Peters, zur Ortswahl der in der Fachzeitschrift Joule erschienenen Studie.

Er ist Wissenschaftler am Helmholtz-Institut Erlangen Nürnberg für Erneuerbare Energien, das das Forschungszentrum Jülich als Außenstelle in enger Kooperation mit der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und dem Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) betreibt.

„Hinzu kam, dass Indien einen drastischen und plötzlichen Lockdown verordnete, als die Covid-19-Pandemie in Indien ankam. Das heißt, der Rückgang der Luftverschmutzung begann sehr plötzlich. Das machte es einfacher, ihn in Messdaten zu erkennen.“, erläutert Peters.

Gemeinsam mit seinen Kollegen hatte er bereits vor der Corona-Pandemie in verschiedenen Städten, unter anderem in Delhi, Daten erhoben, anhand derer sie die aktuellen Abweichungen berechnen konnten.

Dabei hatten sie das Verhältnis von Feinstaubkonzentrationen und solarer Einstrahlung untersucht, also wie viel Sonnenlicht durch Dunst und Luftverschmutzung an den Solarpanels tatsächlich ankam und wie sich das auf den Ertrag der Anlagen auswirkte.

Für die neuerlichen Messungen während des Lockdowns in Delhi und danach nutzten sie dieselbe Photovoltaik-Anlage und Messtechnik wie zuvor – eine Anlage, die in Paschim Vihar installiert ist, das ist ein Wohngebiet, welches etwa zehn Kilometer vom Zentrum Delhis entfernt liegt.

Diese ist mit einem Pyranometer ausgestattet, das die Sonneneinstrahlung misst. Die Daten der Feinstaubkonzentration stammen aus einer Messreihe an der US-Botschaft in Delhi, die stündlich Werte erfasste.

Das Team fand heraus, dass die Sonneneinstrahlung Ende März – also nach Beginn des Lockdowns am 24. März – mittags bei 950 Watt pro Quadratmeter lag. Zu den gleichen Zeitpunkten in den Jahren zuvor (2017 bis 2019) hatte sie bei 880 Watt pro Quadratmeter gelegen. Das ist eine Erhöhung um 8,3 Prozent.

Die vorliegenden Informationen zu Luftqualität und Feinstaub ließen den Schluss zu, dass die sauberere Luft die hauptsächliche Ursache für die größere Sonneneinstrahlung darstellte – und damit für den höheren Ertrag der Solaranlage.

“Die Veränderung durch die sauberere Luft in Delhi ist vergleichbar mit dem, was man als Ertragsunterschied zwischen einer Photovoltaikanlage im eher regnerischen England und einer identischen Anlage im eher sonnigen Nürnberger Raum hat“, sagt Peters. „Ich hatte schon eine Differenz erwartet, jedoch hat es mich überrascht, wie deutlich der Effekt zutage trat.“

Denselben Effekt erwarten die Forscher in anderen, vergleichbaren Metropolen, die normalerweise unter hoher Luftverschmutzung leiden und im Zuge der Covid-19-Pandemie in einen Lockdown gingen.

In ihrem Artikel weisen die Forscher darauf hin, dass in weniger luftverschmutzten Gebieten und Städten der in Delhi beobachtete Effekt hingegen kleiner ausfiele. In einer ländlichen Region im Norden Italiens zum Beispiel, dem ersten europäischen Land, das starke Einschränkungen wegen Covid-19 verordnete, stellten sie keinen statistisch signifikanten Unterschied in der Luftverschmutzung fest.

Die Erkenntnisse bilden nach Ansicht der Wissenschaftler eine solide Basis, um die Auswirkungen von Luftverschmutzung auf die Nutzung von Sonnenenergie weiter zu erforschen.

„Die Pandemie ist in vielerlei Hinsicht ein dramatisches Ereignis. Die Welt wird verändert daraus hervorgehen“, sagt Peters. „Wir haben einen kleinen Eindruck bekommen, wie eine Welt mit saubererer Luft aussieht. Sonnenkollektoren können eine wichtige Rolle spielen, um die ‚Klima-Kurve‘ abzuflachen. Mehr Solaranlagen einzusetzen könnte einen positiven Verstärkungsprozess vorantreiben, der zu klarerer und saubererer Luft führt.“

Dr. Ian Marius Peters
Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg für Erneuerbare Energien (IEK-11)
Tel.: +49 9131-9398152
E-Mail: i.peters@fz-juelich.de

Dr. Jens Hauch
Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg für Erneuerbare Energien (IEK-11)
Tel.: +49 9131 9398-333
E-Mail: j.hauch@fz-juelich.de

I. M. Peters, C. Brabec, T. Buonassisi, J. Hauch, A. Nobre
The Impact of COVID-19 related Measures on the Solar Resource in Areas with High Levels of Air Pollution
Joule (published online 19 June 2020), DOI: 10.1016/j.joule.2020.06.009

https://doi.org/10.1016/j.joule.2020.06.009 Originalpublikation
https://www.fz-juelich.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/UK/DE/2020/2020-06-22-pv… Pressemitteilung des Forschungszentrums Jülich mit Bildmaterial

Media Contact

Dipl.-Biologin Annette Stettien Forschungszentrum Jülich

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