Licht an für den Wasserstoff
Doch für solche mit Brennstoffzellen ausgerüsteten Elektroautos wird Wasserstoff benötigt. Berliner Forscher entwickeln derzeit eine besondere Art von Solarzelle, die Wasserstoff direkt aus Wasser gewinnen kann. Wasserstoff gilt zudem als der beste Speicher für die Energiewende, denn Wind und Sonne sind nicht gleichmäßig verfügbar.
„Noch ist solch ein Photoelektrolyseur eine Vision, zu der wir mit unseren grundlegenden Arbeiten beitragen möchten“, sagt Lutz Geelhaar vom Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik (PDI). Sonnenfarmen zur direkten Erzeugung von Wasserstoff hätten den Vorteil, dass er im Prinzip wie Erdgas gehandhabt werden kann. Wasserstoff lässt sich in Tanks speichern oder über Pipelines verteilen. Das Gas könnte zum entscheidenden Speicher für die künftige Energiewirtschaft werden. Bislang wird es meist aus fossilen Quellen wie Erdgas gewonnen. Der Halbleiterphysiker warnt allerdings vor übereilten Erwartungen: „Das ist Grundlagenforschung, das kann man in drei Jahren noch nicht kaufen.“
Aber ein wenig träumen darf auch ein Wissenschaftler. Gemeinsam mit seinem japanischen Kollegen Jumpei Kamimura und anderen Wissenschaftlern verfolgt Geelhaar das Ziel, die Grundlagen für ein künstliches Blatt zu schaffen. So wie am Baum mit der Energie aus dem Sonnenlicht in Blättern Biomasse erzeugt wird, so soll das künstliche Blatt Wasser direkt in Wasserstoff und Sauerstoff aufspalten. Die Solarzelle befindet sich dazu in einem Wasserbad, in das Sonnenlicht scheinen kann. Idealerweise sollten die Gase nicht gemischt entstehen – das wäre hochexplosives Knallgas – sondern getrennt.
„Wirklich interessiert sind wir am Wasserstoff“, sagt PDI-Forscher Geelhaar. „Das ist das, was mit dem Oberbegriff solarer Brennstoff bezeichnet wird.“
Die Bindung zwischen Wasserstoff und Sauerstoff gehört zu den energiereichsten überhaupt. Umgekehrt können aus der Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff wieder große Energiemengen zurückgewonnen werden. Das Ganze ist zudem sehr umweltfreundlich, denn es entsteht ja nur Wasser.
Die direkte Abspaltung von Wasserstoff unter Lichteinfall war 1970 von japanischen Forschern erstmals beobachtet worden. Der nach ihnen benannte Honda-Fujishima-Effekt beschäftigt seitdem die Wissenschaftler. Denn die Entdeckung gelang mit Titandioxid, ein Material, das beispielsweise vielen Zahnpasten die weiße Farbe verleiht. Und genau da liegt die Crux, Titandioxid absorbiert kaum Licht, die Wasserstoffausbeute ist extrem gering.
„Wir haben deshalb nach dunklen Halbleitermaterialien gesucht, die durch Umwandlung von Sonnenlicht genau die Energiemenge im Kontakt mit Wasser übertragen können, durch die Wassermoleküle aufgespalten werden“, berichtet Kamimura. Und diese Zelle sollte natürlich über Jahre stabil funktionieren: „Es gibt Materialien, die die Wasserspaltung phantastisch gut hinbekommen, aber schon nach einer Minute kaputt gehen.“
Ihre Erfahrungen bei der Entwicklung von Leuchtdioden zahlten sich für Geelhaar und Kamimura aus. Die gemeinsamen Messungen mit Kollegen vom Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) zeigten, dass das von ihnen entwickelte Material basierend auf Indium-Gallium-Nitrid als Elektrode für die Wasserstofferzeugung aus Sonnenlicht besonders vielversprechend ist; es arbeitet effizient und stabil.
Indium-Gallium-Nitrid ist ein Halbleiter, der auch in Laserdioden eingesetzt wird, die den Spektralbereich von grün bis zum nahen ultraviolett abdecken. Sie werden beispielsweise in der Beleuchtungstechnik oder zum Abspielen von Blue-ray-Discs eingesetzt. Durch unterschiedlich große Anteile von Galliumnitrid und Indiumnitrid kann Licht mit verschiedenen Wellenlängen abgegeben (Wandlung von elektrischer Energie in Licht) oder – in der Solarzelle (Lichtenergie in elektrische Energie) – aufgenommen werden. So kann etwa in Solarzellen ein größerer Spektralbereich des Sonnenlichts eingefangen werden.
Doch ganz so einfach macht es die Natur den Wissenschaftlern nicht. Da gab es zunächst einen ziemlichen Haken. „Wir benötigen für die Züchtung der Kristallschicht eine Unterlage, die im Kristallgitter ähnlich ist“, erläutert Geelhaar. „Für das Indium-Gallium-Nitrid gibt es leider keine Unterlage, die diese Bedingung erfüllt.“
Kamimura ignorierte das unpassende Kristallgitter und machte trickreiche Versuche in der Molekularstrahlepitaxie-Anlage des Paul-Drude-Instituts. Dabei werden in einem Ultrahochvakuum Strahlen aus Indium- und Gallium-Atomen sowie Stickstoff-Radikalen auf eine Unterlage – in diesem Fall Silizium – gerichtet. Durch Steuerung der Temperaturen in den Verdampfertiegeln können verschiedene Strukturen und Zusammensetzungen erzeugt werden.
Schließlich ließ sich das Kristallgitter doch noch überlisten. Wenn schon keine Schicht möglich ist, dann doch feinste Nanodrähte, die Kamimura auf Siliziumunterlagen wachsen lässt. Das ermöglicht es, viel Licht einzufangen. Geelhaar deutet auf die neuesten Messkurven. Nanofasern aus Indium-Gallium-Nitrid, die mit einigen Fremdatomen Magnesium versehen sind (p-dotiert), zeigen einen relativ hohen Photostrom und gleichzeitig entwickelt sich Wasserstoff an der Grenzfläche der Nanodrähte mit Wasser. Co-Katalysatoren wie Platin verbessern zudem die Reaktion. „Das sind sehr ermutigende Ergebnisse“, meint der Halbleiterphysiker. „Unsere Nanofasern absorbieren bereits über ein breites Spektrum Licht und wandeln es in Strom um. Die Proben lösen sich zudem nicht auf, sondern liefern über längere Messzeiten konstante Ergebnisse bei der Wasserstoffproduktion.“
Dennoch liegt noch ein weiter Weg vor Geelhaar und Kamimura. Zur Erzeugung des Sauerstoffs an einer Gegenelektrode musste bislang mit einer von außen angelegten elektrischen Hilfsspannung gearbeitet werden. Das nächste Ziel ist nun, die Wasserstofferzeugung autark nur aus der Energie des Sonnenlichts zu erreichen.
Kontakt:
Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik (PDI) Berlin
Dr. Lutz Geelhaar
Tel.: 030 / 20 377-359
E-Mail: geelhaar@pdi-berlin.de
Das Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik (PDI) gehört zum Forschungsverbund Berlin e.V. (FVB), einem Zusammenschluss von acht natur-, lebens- und umweltwissenschaftlichen Instituten in Berlin. In den Instituten arbeiten mehr als 1.500 Mitarbeiter, Diplomanden, Doktoranden und Gastwissenschaftler. Die vielfach ausgezeichneten Einrichtungen sind Mitglieder der Leibniz-Gemeinschaft. Entstanden ist der Forschungsverbund 1992 in einer einzigartigen historischen Situation aus der ehemaligen Akademie der Wissenschaften der DDR.
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