Ein Lichtpuls flüchtet vor dem anderen und ändert dabei seine Farbe

Abbildung 1: Links (a): Schematische Darstel­lung des indirekten photonischen Bandüber­gangs mittels Banddiagramm. Dispersionsfunktion des ursprüng­lichen photonischen Kristallwellenleiters vor der Wand (durchgezogene Linie) und des geschalteten Wellenleiters hinter der Wand (gestrichelte Linie). Rechts (b): Schema des photonischen Kri­stall-Wellenleiters (Silizium: grau, Löcher: weiß). Das Signal, zunächst mit niedriger Frequenz (rot), bleibt im ursprünglichen Wellenleiter, kann nach der Wechselwirkung nur auf dersel­ben Disper­sionsfunktion landen, ändert dabei seine Frequenz und wird beschleunigt (blau). Der heraneilende Pumppuls erzeugt langlebige freie Ladungs­träger­, die hinter der Front verbleiben (orange). Alle Signale haben Wellenlängen im nahen Infrarot in der Nähe von 1550 nm. Grafik: TUHH

In einem speziellen photonischen Kristallwellenleiter verfolgt hierbei ein nur sechs Billionstel Sekunden dauernder und sich schnell aus-breitender Lichtpuls (Pumpe) einen zunächst langsameren zweiten Lichtpuls (Signal). Der Signalpuls wird durch die Wechselwirkung mit dem Pumppuls beschleunigt, ändert seine Frequenz bzw. Farbe und eilt schließlich in Vorwärtsrichtung davon.

Der realisierte Effekt weist eine Analogie zu dem von theoretischen Physikern beschriebenen „Ereignishorizont“ in der Umgebung kosmischer schwarzer Löcher auf, also dem „Punkt ohne Wiederkehr“ für Lichtteilchen, die diese Wand von innen nach außen nicht durchqueren können und schließlich unweigerlich vom schwarzen Loch aufgesogen werden. Derartige Wände für Licht und Änderungen in der Geschwindigkeit und Farbe von Licht in der von den Wissenschaftlern nun beschriebenen Weise sind aus dem Alltagsleben völlig unbekannt und nur unter ganz besonderen Bedingungen beobachtbar.

Wie funktioniert das?

Der Pumppuls setzt Elektronen im Silizium frei und bildet dadurch eine sich schnell bewegende Wand, wobei die langlebigen Ladungsträger hinter der Front verbleiben (Abbildung 1 rechts). Die Bedingungen wurden durch das spezielle Design des photonischen Kristallwellenleiters so gewählt, dass der Signalpuls nicht in den Bereich hinter der Wand eindringen kann und stattdessen in Vorwärtsrichtung vor der heraneilenden Wand flüchtet.

Da sowohl Frequenz als auch Wellenzahl des Signals hierbei verändert werden – was sehr ungewöhnlich ist-, handelt es sich um einen „indirekten“ photonischen Bandübergang (Abbildung 1 links), der nun sowohl theoretisch beschrieben, modelliert und im Experiment realisiert wurde.

Die unter Führung der Hamburger Wissenschaftler gewonnenen neuen Erkenntnisse der Grundlagenforschung sind darüber hinaus von großer Bedeutung für Anwendungen in der ultra-schnellen optischen Nachrichtentech-nik. Aufgrund des besonderen Designs können mit vergleichsweise niedrigen Pumpleistungen sehr große Effekte erzielt werden, wodurch das neuartige Verfahren für die „On-Chip“-Frequenzkonversion und für das rein opti-sche Schalten eingesetzt werden kann.

Die Arbeit wurde am 13.04.2018 in Nature Communications, einer der international am höchsten angesehenen Fachzeitschriften, publiziert.
Publikation:
Online: https://www.nature.com/articles/s41467-018-03862-0

Reflection from a free carrier front via an intraband indirect photonic transition, Mahmoud A. Gaafar, Dirk Jalas, Liam O’Faolain, Juntao Li, Thomas F. Krauss, Alexander Yu. Petrov, and Manfred Eich,
Nature Communications 9, 1447 (2018), doi 10.1038/s41467-018-03862-0

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Manfred Eich
Technische Universität Hamburg-Harburg (TUHH), Institut für Optische und Elektronische Materialien,
Eißendorfer Straße 38, D-21073 Hamburg
und
Institut für Werkstoffforschung, Helmholtz-Zentrum Geesthacht, Max-Planck-Strasse 1, Geesthacht, D-21502, Germany,
Tel +49 40 42878 3147
E-Mail: m.eich@tuhh.de,
Website: www.tuhh.de/alt/oem/home.html 

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Jasmine Ait-Djoudi idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.tuhh.de

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