Stuttgarter Lichtbogentriebwerk bringt Amateurfunksatelliten auf Kurs

Erster Einsatz eines Lichtbogentriebwerks in Westeuropa. Die vor einer Woche in Kourou gestartete Trägerrakete Ariane 5 hat, wie bereits berichtet wurde, auch den 630 Kilogramm schweren Amateurfunk-Satelliten AMSAT P3-D in den Orbit befördert. Nach dem Aussetzen aus der Trägerrakete wird der Satellit in den nächsten Wochen und Monaten in seine endgültige Position gebracht. Die exakte Ausrichtung des Senders im Weltraum hängt dabei im wesentlichen von der Genauigkeit ab, mit der das am Institut für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart entwickelte Lichtbogentriebwerk arbeitet. Zunächst befördert ein chemisches Zweistoff-Raketentriebwerk der DASA den Satelliten auf seine Umlaufbahn, auf der er in einer Höhe zwischen 4.000 und 47.000 Kilometern in 16 Stunden einmal um die Erde kreisen wird. Danach sorgt das Stuttgarter Arcjet-Triebwerk bei seinem ersten Flugeinsatz für die Feinarbeit, also die präzise Ausrichtung zur Erde und die spätere Nachregulierung des Amateurfunk-Satelliten. An Bord dienen 52 Kilogramm Ammoniak als Treibstoff für das LichtbogentriebwerkATOS, die für 600 Betriebsstunden in 5 Jahren ausreichen werden. Gegenüber den bisher gebräuchlichen chemischen Satellitenantrieben wird mit dem Arcjet rund die Hälfte an Treibstoffgewicht eingespart.

Die am Institut für Raumfahrtsysteme der Universität Stuttgart seit Beginn der 90er Jahre entwickelten Lichtbogentriebwerke arbeiten nach dem Funktionsprinzip: Aufheizen des gasförmigen Treibstoffes in einem elektrischen Lichtbogen mit anschließender Umwandlung der thermischen Energie in gerichtete kinetische Energie durch Expansion in einer Düse. Die besonderen Herausforderungen bei der Entwicklung dieses Präzisionsinstrumentes lagen vor allem darin, ein konstantes niedriges Leistungsniveau zu erzielen unter Verwendung von Ammoniak statt dem sonst eingesetzten Hydrazin und in der Verlängerung der Lebensdauer des Triebwerkes.
Der Einsatz des Arcjet-Antriebes auf dem internationalen Amateurfunk-Satelliten AMSAT P3-D unterstreicht die innovative deutsche Satellitentechnologie. Dieser Satellit ist das bisher ehrgeizigste Projekt der internationalen Amateurfunkergemeinschaft AMSAT. Unter der Leitung von Prof. Dr. Karl Meinzer (Philipps-Universität Marburg) entstand dieser 650 kg schwere Satellit, mit einem Durchmesser von 2,30 Meter und einer Höhe von einem Meter. Er dient neben seiner eigentlichen Aufgabe als Relaisfunkstelle mit acht Transpondern für Amateurfunker weltweit auch als Plattform zur Erprobung einer Reihe neuer Raumfahrttechnologien wie etwa dem Lichtbogentriebwerk. AMSAT ist ein weltweiter Zusammenschluss von Wissenschaftlern und Funkamateuren, die kleine Satelliten kostengünstig als Forschungsplattformen entwickeln, bauen und starten. In den 30 Jahren ihres Bestehens hat die AMSAT mehr als 30 Satelliten gebaut. Der P3-D ist weltweit erst der zweite Satellit mit einer Ammoniakbetankung und zugleich der erste Arbeitseinsatz eines elektrischen Lichtbogentriebwerks in Westeuropa.
Kontakt:
Institut für Raumfahrtsysteme, Dipl.-Ing. Helmut Kurtz, Tel: 07071/685-2389, Fax: 07071/685-3596, E-Mail: kurtz@irs.uni-stuttgart.de

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Dr. Ulrich Engler idw

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