Anreizregulierung in der Energiewirtschaft
In Zeiten steigender Strompreise fordern die einen mehr Regulierung und ein stärkeres Vorgehen gegen die als zu mächtig erscheinenden Stromkonzerne. Die anderen warnen vor zu viel Regulierung und dem Abwürgen des Wettbewerbs. In Deutschland gilt für die Stromnetze seit Anfang des Jahres 2009 die sogenannte Anreizregulierung.
Mit dieser Regelung soll die Liberalisierung im Strommarkt beschleunigt und der Wettbewerb angeheizt werden. Bis dahin orientierten sich die Entgelte für die Netznutzung stärker an den Kosten der Netzbetreiber. In einer Studie des Betriebswirtschaftlichen Instituts der Universität Stuttgart befragten Prof. Burkhard Pedell und Dr. Peter Rötzel die Geschäftsführungen von Energieversorgungsunternehmen, wie sich die neue Regulierung auf ihr Unternehmen auswirkt.
Bei der Anreizregulierung sind den Netzbetreibern Obergrenzen für die Erlöse gesetzt, die sie von ihren Kunden für die Nutzung der Netze einnehmen dürfen. Als Anreiz für die Netzbetreiber, wirtschaftlich zu arbeiten, können sie die erzielten Gewinne behalten, wenn ihre Kosten unterhalb der Erlösobergrenze liegen. Liegen die Kosten darüber, machen sie Verluste. Für ihre Studie „Auswirkungen der Anreizregulierung auf die deutsche Elektrizitätswirtschaft“ haben die Stuttgarter Betriebswissenschaftler insgesamt 1.057 Energieversorgungsunternehmen angeschriebenen, die in einem oder mehreren der Teilmärkte Stromerzeugung, Netzdurchleitung und Stromhandel tätig sind. Davon haben 189 Unternehmen einen Fragebogen ausgefüllt und zurückgesandt.
Fast drei Viertel der antwortenden Energieversorgungsunternehmen bewerten die durch die Anreizregulierung bedingten Veränderungen für das eigene Unternehmen eher negativ. Sie befürchten vor allem, die zugestandenen Nominalrenditen nicht erreichen zu können, weil die Regulierungsbehörden zum Beispiel die Investitionen der Unternehmen verzögert oder gar nicht berücksichtigt, wenn sie die Erlösobergrenzen neu festlegt. 63 Prozent der Energieversorgungsunter-nehmen gaben an, zukünftig weniger investieren zu wollen. Das In-vestitionsverhalten der Unternehmen hing direkt damit zusammen, wie die Stromversorger in Zukunft die Versorgungsqualität für die Kunden einschätzten. Die überwiegende Mehrheit von 83 Prozent der Antwortenden geht langfristig von einer Verschlechterung der Versorgungsqualität aus.
Bei 91 Prozent der befragten Energieversorgungsunternehmen hat die Anreizregulierung mindestens zu teilweisen Veränderungen innerhalb des Betriebs geführt. Vor allem in den Bereichen Regulierungsmanagement, Controlling und IT haben sich die Unternehmen auf die neuen Rahmenbedingungen eingestellt. Insgesamt berichteten kleine, kommunale Versorger von größeren Veränderungen durch die Anreizregulierung als die großen Holdings. Pedell und Rötzel vermuten, dass die Holdings bereits früher stärkere Anpassungen in den betroffenen Betriebsbereichen vorgenommen haben. Die Umstellung der Netzregulierung führte auch dazu, dass in den Energieversorgungsunternehmen mehr Berichte erstellt werden müssen, wie knapp drei Viertel der befragten Unternehmen angaben. Tiefer gehende Analysen sollen demnächst in einer Fachzeitschrift veröffentlicht werden.
Ansprechpartner: Prof. Burkhard Pedell, Betriebswirtschaftliches Institut,
Tel. 0711/685-83169
e-mail: burkhard.pedell@bwi.uni-stuttgart.de
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