Zellen ankleben

(c) Wiley-VCH

Nicht nur was in Körperzellen drin ist, auch das Drumherum zählt: So spielt die extrazelluläre Matrix etwa eine wichtige Rolle für Bindegewebe und Knorpel sowie für das Wachstum und die Regeneration von Knochen. Auch wenn man Gewebe im Labor züchten will, etwa um einen beschädigten Knochen zu reparieren, wird ein Gerüst gebraucht, das der natürlichen extrazellulären Matrix nachempfunden ist.

Ein Team um Hyung Joon Cha von der Pohang University of Science and Technology (Südkorea) stellt in der Zeitschrift Angewandte Chemie nun neuartiges Substrat vor: Ein Hybrid aus synthetischen Nanofasern und einem „Klebstoff“ aus marinen Muscheln, an das Zellen einfach „angeklebt“ werden.

Die Faserstruktur der extrazellulären Matrix nachzuahmen ist wichtig, reicht aber nicht, um Zellen zum Anwachsen zu animieren. Die Fasern müssen eine Oberfläche mit der richtigen biologischen Funktionalität bieten. Dazu werden meist Biomoleküle der extrazellulären Matrix an synthetische Nanofasern geknüpft – in teilweise sehr komplizierten Prozeduren. Eine einfache, universelle Technik wäre wünschenswert. Und dies scheint dem koreanischen Team jetzt gelungen – dank eines speziellen Muschel-„Klebers“.

Meeres-Muscheln sondern ein Adhäsionsprotein ab, um sich im Wasser an Oberflächen zu heften. Dieser Klebstoff fixiert sie zuverlässig auf fast allen Materialien wie Steinen, anderen Muscheln, Holzstegen oder dem Metall von Schiffsrümpfen. Ein idealer Universalkleber also. Inzwischen ist es gelungen, ein Fusionsprotein des Muschelklebers gentechnisch von Bakterien in großen Mengen herstellen zu lassen.

Die koreanischen Forscher konnten diesen Muschelkleber mit einem Elektrospinnverfahrens zu Nanofasern spinnen, die aber nicht fest genug als Substrat für eine Zellkultur waren. Im richtigen Mischungsverhältnis zusammen mit einem biokompatiblen synthetischem Polymer versponnen, entstehen aber Fasern mit guten mechanischen Eigenschaften. Das synthetische Polymer bildet dabei das Rückgrat der Faser, der Muschelkleber heftet sich auf die Nanofasern und macht ihre Oberflächen „klebrig“. Biomoleküle wie Proteine, DNA und Kohlenhydrate haften fest daran und bilden eine gleichmäßige Beschichtung – es genügt, die Fasern in die entsprechende Lösung einzutauchen.

Auch Zellen haften ausgezeichnet an dem faserigen Substrat, wie Versuche mit Vorläufern knochenbildender Zellen zeigten. Die Zellen lagern sich an die Muschelkleber-Polymer-Nanofasern an, breiten sich aus und vermehren sich. Noch besser funktionierte dies, wenn das Muschelkleber-Fusionsprotein zusätzlich eine spezielle Zellerkennungssequenz enthielt. Die neuartigen Muschelkleber-haltigen Nanofasern sind damit ein sehr interessantes Substrat für Anwendungen in der Gewebezüchtung.

Angewandte Chemie: Presseinfo 44/2011

Autor: Hyung Joon Cha, Pohang University of Science and Technology (Rep. Korea), http://magic.postech.ac.kr/member/professor.html

Angewandte Chemie, Permalink to the article: http://dx.doi.org/10.1002/ange.201105789

Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69451 Weinheim, Germany

Media Contact

Dr. Renate Hoer GDCh

Weitere Informationen:

http://presse.angewandte.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer