Wie Licht Prozesse in künstlichen Zellen steuert

Auf Licht reagierende Moleküle wurden in eine künstliche Zellmembran eingebracht. Hierdurch lässt sich die Durchlässigkeit der Zellwand von außen steuern.
© MPI-P

Lichtkraft im Mini-Reaktor:

Synthetische – also künstlich hergestellte Zellen – können bestimmte Funktionen biologischer Zellen nachahmen. Diese könnten in Zukunft neue medizinische Möglichkeiten erlauben. Im Labor können solche Zellen als „Mini-Reaktoren“ bereits heute bei chemischen Prozessen helfen, die auf einem Miniaturmaßstab ablaufen. Wissenschaftler*innen des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung haben nun eine Methode entwickelt, um den Ablauf dieser chemischen Prozesse mit Hilfe von Licht zu steuern.

Die in biologischen Zellen ablaufenden Prozesse sind komplex: Chemische Reaktionen tragen zum Beispiel dazu bei, bestimmte vom Körper benötigte Stoffe herzustellen – sei es zur Energielieferung oder auch zur Abwehr von Krankheiten. Biologische Zellen regeln hierfür über ihre Hülle – die Zellmembran – welche Stoffe von der Zelle aufgenommen und welche wieder ausgeschieden werden.

Künstlich hergestellte Zellen mit einer Größe von ca. 20-50 millionstel Metern (20-50 µm) sind heute bereits in der Lage, solche Funktionen im Labor nachzubilden. In eine aus Polymeren hergestellte Hülle, dem sogenannten „Kompartment“, wird eine aktive Komponente verpackt, welche z. B. eine enzymatische Reaktion ermöglicht.

„Eine biologische Zelle kann sterben – mit künstlichen Zellen können wir Miniatur-Reaktoren bauen, die über eine viel größere Zeitspanne genutzt werden können“, erklärt Lucas Caire da Silva, der im Arbeitskreis von Katharina Landfester an diesen Zellen forscht. „Das Problem an diesen Mini-Reaktoren war jedoch bisher, dass wir nicht steuern konnten, ob ein Stoff in die Zelle eindringen kann. Allgemein sind die Hüllen dieser künstlichen Zellen schwer zu durchdringen.“

Dies haben die Forschenden um da Silva und Landfester nun geändert: Sie haben spezielle, auf Licht reagierende Moleküle entwickelt, die sie in die Polymermembranen integriert haben, um damit Kanäle/Öffnungen zu erzeugen. Dadurch erhöht sich die Durchlässigkeit der Hülle, wenn sie mit UV-Licht bestrahlt wird. Wird die Hülle dann wieder mit sichtbarem Licht bestrahlt, lässt sich dieser Prozess auch wieder umkehren.

„Mit diesem Ansatz können wir genau steuern, wann eine Substanz in das „Kompartment“ eintritt, so dass wir eine chemische Reaktion zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten Ort auslösen können“, so da Silva.

Die Wissenschaftler*innen hoffen, dass sie mit ihren Mini-Reaktoren in Zukunft Reaktionen, die eigentlich in biologischen Zellen ablaufen, auf einem Mikro-Maßstab steuern können und sehen für diese Technologie viele Anwendungen, z. B. in der Medizin.

Ihre Ergebnisse haben die Forschenden nun in der Zeitschrift „Angewandte Chemie“ veröffentlicht.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Dr. Lucas Caire da Silva
sivla@mpip-mainz.mpg.de

Originalpublikation:

Cao, S.; Caire da Silva, L.; Landfester, K.: Light-Activated Membrane Transport in Polymeric Cell-Mimics. Angewandte Chemie International Edition, e202205266 (2022)

https://dx.doi.org/10.1002/anie.202205266

http://www.mpip-mainz.mpg.de

Media Contact

Dr. Christian Schneider Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Polymerforschung

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer