Wasserhülle unter Beobachtung
Wasser ist kein „passiver Zuschauer“ biologischer Prozesse, sondern ein „aktiver Mitspieler“. So ist die Proteinfaltung ein selbstorganisierter Prozess, bei dem die Bewegungen des Lösungsmittels eine Schlüsselrolle spielen.
Bislang lag der Schwerpunkt der Untersuchungen von Faltungsprozessen bei der Beobachtung des Proteinrückgrates und seiner Seitenketten. Forschern um Martin Gruebele und Martina Havenith gelang jetzt der Echtzeitnachweis von Änderungen im Protein-Wassernetzwerk während der Proteinfaltung. Wie sie in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichten, setzte das Team aus Wissenschaftlern von der University of Illinois (Urbana, USA) und der Ruhr-Universität Bochum dazu eine spektroskopische Methode ein mit dem Namen KITA für „kinetische Terahertz-Absorption“.
Terahertz-(THz)-Strahlung besteht aus elektromagnetischen Wellen im Submillimeterbereich und liegt damit zwischen dem Infrarot- und dem Mikrowellen-Bereich. Inzwischen stehen leistungsstarke THz-Quellen zur Verfügung, mit denen es gelingt, die Absorption von Biomolekülen in wässrigen Puffern auf der Zeitskala von Pikosekunden direkt zu messen.
Auf dieser Zeitskala führen gelöste Proteine ihre Gerüstschwingungen aus und finden die kollektiven Bewegungen der Wassermoleküle statt, die ein Protein umgeben. Das Forscherteam konnte kürzlich zeigen, dass die Absorptionsspektroskopie im THz-Bereich eine empfindliche Methode ist, um die Wasserhülle von Proteinen zu untersuchen. In der Schicht um ein Protein sind die Wassermoleküle anders miteinander vernetzt als in reinem Wasser. Ihre Absorption der THz-Strahlung für bestimmte Frequenzen ändert sich dadurch.
Die Art und Weise, wie ein Protein gefaltet ist, bestimmt seine Funktion in ganz erheblichem Maße. Der Faltungsprozess läuft sehr schnell ab. Die Gerüstschwingungen des Proteins beeinflussen das Lösungsmittel, wobei die Dynamik des Lösungsmittels im Gegenzug die Proteindynamik beeinflussen kann – und so eine wichtige Rolle bei der Faltung spielen. Die kinetische THz-Absorption (KITA) zeichnet die Dämpfung und Phasenverschiebung eines elektrischen THz-Feldes auf, die ein Protein während seiner Faltung verursacht. Ein Vergleich mit anderen Methode belegt, dass die KITA Umorientierungen der Wechselwirkungen zwischen Protein und seiner Wasserhülle in einer Frühphase der Faltung detektiert.
Angewandte Chemie: Presseinfo 31/2008
Autor: Martin Gruebele, University of Illinois, Urbana (USA), http://www.scs.uiuc.edu/%7Emgweb/
Angewandte Chemie 2008, 120, No. 34, 6586-6589, doi: 10.1002/ange.200802281
Angewandte Chemie, Postfach 101161, 69495 Weinheim, Germany
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