Wanderungsmechanismus entstehender Nervenzellen entschlüsselt

Cadherin-2, ein sogenanntes Transmembraneiweiß, ist ein entscheidendes Molekül für die Wanderung von Nervenzellen vom Ort ihrer Entstehung zur Position ihrer Funktion. Die Arbeitsgruppen um Dr. Reinhard Köster vom Institut für Entwicklungsgenetik und um Dr. Axel Walch vom Institut für Pathologie zeigten jetzt, dass die Nervenzellwanderung in Embryonen von Zebrafischen ohne diesen chemischen Anker in der Zellmembran nicht zielgerichtet und koordiniert, sondern mit vielen Abweichungen vom Weg verlief.

Zebrafische sind während des Embryonalstadiums durchsichtig, was die Beobachtung einzelner Zellen, ihrer Bausteine und sogar von Molekülen ermöglicht, und die Bewegung der Nervenzellen im lebenden Organismus während seiner Entwicklung abgebildet und wiedergegeben werden kann.

Die Wissenschaftler stellten fest, dass beide Zellen das Cadherin-2 als gegenseitigen Klebstoff bereitstellen müssen und dieser bei jeder Vorwärtsbewegung der Zelle entlang der Zellmembran aktiv transportiert wird. Für diese Untersuchungen entwickelte das Forscherteam ein Cadherin-2-Reportermolekül, indem Cadherin-2 mit einem Fluoreszenzfarbstoff markiert wurde. Mit dessen Hilfe konnten dynamische Zeitrafferaufnahmen gemacht und so im lebenden Gehirn die Bewegung von Molekülen in wandernden Nervenzellen verfolgt werden.

Damit identifizierte das Team einige Puzzlesteine im komplexen Wandervorgang entstehender Nervenzellen: „Wir konnten an Zebrafischen zeigen, wie sich Nervenzellen im Kleinhirn orientieren, gemeinsam ausrichten und bewegen“, so Köster. Dieser gerichtete „Klebstofftransport“, so das Modell, ermöglicht der Nervenzelle gemeinsam im Team mit anderen Nervenzellen „in der Spur“ zu bleiben und nicht vom Weg abzukommen. Köster: „Die Einsicht in die molekularen Prozesse der Gehirnentwicklung leistet einen Beitrag, um die Entstehung von neuronalen Migrationskrankheiten wie Lissencephalien oder Schizophrenie besser zu verstehen.“

Weitere Informationen

Originalliteratur: Rieger S, Senghaas N, Walch A, Köster RW, 2009: Cadherin-2 Controls Directional Chain Migration of Cerebellar Granule Neurons. PLoS Biol 7(11): e1000240. doi:10.1371/journal.pbio.1000240.

Das Helmholtz Zentrum München ist das deutsche Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt. Als führendes Zentrum mit der Ausrichtung auf Environmental Health erforscht es chronische und komplexe Krankheiten, die aus dem Zusammenwirken von Umweltfaktoren und individueller genetischer Disposition entstehen. Das Helmholtz Zentrum München beschäftigt rund 1680 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Der Hauptsitz des Zentrums liegt in Neuherberg im Norden Münchens auf einem 50 Hektar großen Forschungscampus. Das Helmholtz Zentrum München gehört der größten deutschen Wissenschaftsorganisation, der Helmholtz-Gemeinschaft an, in der sich 16 naturwissenschaftlich-technische und medizinisch-biologische Forschungszentren mit insgesamt 26500 Beschäftigten zusammengeschlossen haben.

Das Institut für Entwicklungsgenetik forscht an der funktionellen Analyse des Säugetiergenoms, der Entwicklung von Tiermodellen, die zum Studium der Pathogenese von Erkrankungen eingesetzt werden können sowie der Entwicklung von Methoden zur Analyse der Genfunktion in Säugetieren und Fischen. Zentrales Ziel ist es, genetisch determinierte Krankheiten des zentralen Nervensystems, des Auges und des Skeletts zu erforschen und die molekularen Mechanismen zu erkennen, welche die Embryonalentwicklung steuern.

Ansprechpartner für Medienvertreter: Sven Winkler, Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt (GmbH), Ingolstädter Landstraße 1, 85764 Neuherberg, Tel.: 089-3187-3946, Fax 089-3187-3324, Internet: http://www.helmholtz-muenchen.de, E-Mail: presse@helmholtz-muenchen.de

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