Taxon-OMICS – Mit wie vielen Arten teilen wir uns die Welt?

Mit Chromosomenzahlen zwischen 18 und 198 demonstrieren die Margeriten-Arten der Iberischen Halbinsel die zytologische Spannbreite der Gattung Leucanthemum aus der Familie der Korbblütengewächse. Prof. Dr. Christoph Oberprieler

Im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Schwerpunktprogramms Taxon-OMICS wird sich eine Regensburger Forschergruppe um Prof. Dr. Christoph Oberprieler vom Institut für Pflanzenwissenschaften (Professur für Evolution und Systematik der Pflanzen) mit einem besonders verzwickten Problem der botanischen Taxonomie beschäftigen.

Dieser Wissenschaftszweig der Systematischen Biologie versucht, die Vielfalt belebter Formen der Erde zu erkennen und zu ordnen. In dem mit rund 300.000 Euro in den kommenden drei Jahren geförderten Teilprojekt sollen molekulargenetische und bioinformatische Methoden erarbeitet werden, die es erlauben, Artabgrenzungen und evolutionäre Beziehungen in sogenannten Polyploidkomplexen objektiv zu rekonstruieren.

Polyploidkomplexe liegen dann vor, wenn in einer Pflanzengruppe neue Arten durch Kreuzung bereits existierender Arten und anschließender Vervielfachung des Chromosomensatzes entstehen. Dies hat zum Beispiel bei den Margeriten der Gattung Leucanthemum dazu geführt, dass die vier heimischen Arten 18, 36 und 54 Chromosomen besitzen, die weiteren 38 (süd-)europäischen Arten sogar Chromosomenzahlen bis zu 198 pro Zellkern (22-facher Chromosomensatz) aufweisen.

Gelingt es, die verwandtschaftlichen Verhältnisse in dieser Modellgruppe aufzuklären, würden somit Werkzeuge zur Verfügung stehen, die auch andere Schlaufenbildungen im grünen Zweig des „Baums des Lebens“ aufzudecken ermöglichen.

Biodiversität – die Vielfalt belebter Formen der Erde – ihr Schutz und ihre Bedrohung, seit Jahrzehnten in aller Munde, setzt das Erkennen und Kennen der zugrundeliegenden Einheiten, von Pflanzen-, Tier-, Pilz- und Mikroorganismen-Arten voraus. Die Systematische Biologie, und hier insbesondere der Wissenschaftszweig der Taxonomie, versucht seit Jahrhunderten – zurückgehend auf den schwedischen Biologen Carl von Linné – diese Vielfalt zu erkennen und zu ordnen.

In den letzten zehn Jahren hat sich dieses taxonomische Ordnen grundlegend verändert, da in zunehmendem Maße molekulargenetische Daten verwendet werden können, um Artgrenzen objektiver auszuloten, unklassifizierte Individuen bekannten Arten zuzuordnen und neue Arten zu entdecken.

Das neue Schwerpunktprogramm Taxon-OMICS, das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) von September 2017 an mit rund 5,5 Millionen Euro gefördert wird, wird erstmals Experten zur Taxonomie unterschiedlicher Organismengruppen – Tiere, Pflanzen, Pilze, Mikroorganismen – zusammenbringen, um Methoden wie das DNA-Barcoding oder die Hochdurchsatz-Sequenzierung mit Ergebnissen anderer Ansätze (Morphologie, Anatomie, Tomographie) zu verknüpfen und nutzbar zu machen.

Beteiligt sind Prof. Dr. Susanne Renner von der Ludwig-Maximilians-Universität München (Koordination) und weitere Forschergruppen von über 20 deutschen Forschungseinrichtungen. Ziel der Forscher ist es, durch Kooperation zwischen Wissenschaftlern aus den verschiedenen Organismengruppen taxonomische Fragestellungen zu lösen, die bisher unlösbar erschienen.

Ansprechpartner für Medienvertreter:
Prof. Dr. Christoph Oberprieler
Institut für Pflanzenwissenschaften
Professur für Evolution und Systematik der Pflanzen
Universität Regensburg
Tel.: 0941 943-3129
E-Mail: christoph.oberprieler@ur.de

Media Contact

Claudia Kulke idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.uni-regensburg.de/

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