Selbstmord-Strategie sichert Pflanzen Überleben

Der Zelltod ist ein wichtiger Verteidigungsmechanismus von Pflanzen, dessen Grundlagen jedoch noch kaum verstanden werden. Dieser Erforschung widmen sich Biochemiker am Department für Biochemie und Zellbiologie an der Universität Wien.

Zelltod bei Pflanzen widerspricht oft geläufigen Auffassungen. „Rückschlüsse der Alltagserfahrung, dass etwa große Hitze oder Ozon die Pflanze umbringt, entsprechen nicht immer den tatsächlichen Vorgängen. Meistens leitet die Pflanze ein Programm ein, das zu retten versucht, was noch zu retten ist. Im Kern bleibt sie, trotz Absterbens bestimmter Teile, dadurch oft noch lebendig“, so Studienleiter Andeas Bachmair im pressetext-Interview.

Pflanzen haben andere Schutzmechanismen entwickelt als Tiere. „Anstatt ihren Standort zu wechseln, verzichten sie bei widrigen Umständen bewusst auf bestimmte Teile“, so Bachmair. Darüber hinaus führe die Pflanze jedoch auch mit chemischen Waffen Krieg gegen Feinde, wie zum Beispiel bei Pilzbefall.

„Betroffene Stellen sterben nicht nur ab, sondern produzieren ein Gift, das den Pilz abtöten soll. Sichtbar wird das etwa auf den Blättern durch braue Flecken rund um Pilzsporen, die hier gelandet sind.“ Andere Bedrohungen, die ähnliche Mechanismen in Gang setzen könnten, seien Fraßfeinde wie etwa Insekten, jedoch auch zu hohe oder zu niedrige Temperaturen, Umweltverschmutzung oder hohe Ozonwerte.

Äußerst komplexe Prozesse, deren Steuerung noch wenig bekannt ist, verursachen diesen Zelltod. Bachmair untersucht mit seinem Team die Rolle des Proteins Ubiquitin, das sich in Vorerhebungen als Schlüsselelement erwiesen hat. „Es heftet sich an andere Proteine an und gibt ihnen dadurch den Auftrag, sich aus der Zelle zu entfernen. Es scheint jedoch wahrscheinlich, dass durch Ubiquitin gekennzeichnete Proteine vor ihrem Abbau noch andere Aufgaben erledigen.“

Eine möglicher Aufgabenbereich neben der Abwehrgift- Produktion wäre die Mitwirkung am Prozess der Neuverteilung der Nährstoffe. Ressourcen aus defekten oder ausgedienten Zellen verlagert die Pflanze in zum Überleben bestimmte Teile wie Wurzel oder Same. „Stroh enthält deshalb kaum Stickstoff, da Getreidearten diesen fast zur Gänze in ihre Samen verlagern“, so Bachmair. Gleiches gilt für die Blätter im Herbst. „Eigentlich sieht man sie als wichtigen Beitrag für die Humusbildung an, doch 95 Prozent der Nährstoffe der Blätter sind jedoch in Stamm oder Wurzeln gewandert, bevor ein Blatt abfällt.“

Inwiefern sich der Blätterfall im Herbst sich vom programmierten Zelltod unterscheidet ist eines der Rätsel, die Bachmair durch seine Forschung lüften will. „Man kennt den Ablauf genau, über die Steuerung des Blätterabfalls weiß man jedoch noch wenig – denn es handelt sich um äußerst langsame Prozesse“, so der Wiener Biochemiker.

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Johannes Pernsteiner pressetext.austria

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