Schlafkrankheit bei Koi und Speisekarpfen erstmals in Österreich nachgewiesen

Abgestorbenes Kiemengewebe eines erkrankten Koi. Foto: Eva Lewisch/Vetmeduni Vienna

Die Infektionskrankheit ist erstmals in Japan in den 1970er-Jahren aufgetreten. Infizierte Fische liegen meist reglos am Boden des Beckens und verhalten sich apathisch. Typische Symptome sind außerdem eingefallene Augen, Hautveränderungen und angeschwollene Kiemen. Bei schweren Verläufen wird das Kiemengewebe so stark beeinträchtigt, dass auch die Sauerstoffzufuhr erschwert ist.

Schlafkrankheit breitet sich in Europa aus

Die Koi-Krankheit ist in Europa beispielsweise in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden diagnostiziert worden. In England wurde sie mittlerweile auch bei Speisekarpfen gefunden. Eva Lewisch und ihre KollegInnen von der Klinischen Abteilung für Fischmedizin an der Vetmeduni Vienna diagnostizierten die Krankheit nun auch bei Kois und Speisekarpfen in Österreich.

„Wir konnten mit den routinemäßig eingesetzten Untersuchungsmethoden keine Ursache für die schwere Erkrankung finden. Erst gezielte molekularbiologische Untersuchungen zeigten, dass es sich um eine Infektion mit dem Erreger der Koi-Schlafkrankheit, handelte“, so Lewisch.

„Der Erreger stammt höchstwahrscheinlich aus Asien, wo die Krankheit schon länger bekannt ist. Um welchen Erreger es sich tatsächlich handelt, ist noch nicht vollkommen geklärt. Elektronenmikroskopische Aufnahmen deuten jedoch darauf hin, dass es sich bei dem Carp Edema Virus um ein pockenähnliches Virus handeln könnte“, betont Lewisch.

Koi-Schlafkrankheit bereits seit längerem in Österreich

Nach Analyse archivierter Karpfen-DNA stellte sich heraus, dass es die Koi-Schlafkrankheit bereits seit mindestens 2010 in Österreich gibt.
„Jedes Frühjahr beobachten wir außerdem vermehrtes Karpfensterben. Wahrscheinlich spielt dabei auch die Koi-Schlafkrankheit eine Rolle“, meint Lewisch.

Wassertemperatur und Stress ausschlaggebend

Lewisch hält es für möglich, dass die Infektion in den Koi- und Karpfenbeständen weit
verbreitet ist. Zu einem Krankheitsausbruch kommt es durch belastende Umweltfaktoren wie beispielsweise kritische Temperaturphasen oder Stress. In Europa leben Karpfen bei 7 bis 15 Grad Celsius Wassertemperatur. In Japan liegt die herkömmliche Wassertemperatur in den Koi-Teichen hingegen bei 15 bis 25 Grad. Offensichtlich erkranken Karpfen in Europa bei niedrigeren Temperaturen als Koi in Asien. „Man muss die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass sich das Virus verändert und an die europäische Bedingungen angepasst hat“, meint Lewisch.

Großes internationales Interesse

„Bis vor wenigen Jahren war so gut wie nichts über die Verbreitung der Erkrankung in Europa bekannt. Es gab lediglich vereinzelt Berichte in nationalen Veterinärnachrichten“, so Lewisch. Im September dieses Jahres soll es im Rahmen der Konferenz der European Assosiation of Fish Pathologists (EAFP) einen Workshop zum Thema Koi-Schlafkrankheit (KSD/CEV) geben. Dabei diskutieren ExpertInnen aus Europa die neuesten Entwicklungen und möglichen Maßnahmen zur grenzüberschreitenden Bekämpfung der Krankheit.

Weltweiter Koi-Handel fördert Virus-Einschleppung

„Durch den weltweiten Koi-Handel ist die Verschleppung von viralen und anderen Erkrankungen eine reale Gefahr“, betont Lewisch. „Eingeschleppte Infektionen können eine Bedrohung für die heimischen Speisekarpfenbestände darstellen. Beispielsweise ist die anzeigepflichtige Koi-Herpes Virus Erkrankung (KHV) seit den 1990er-Jahren bekannt und verursacht mittlerweile weltweit immense wirtschaftliche Schäden in Nutzkarpfen-Beständen.“

Service:

Der Artikel „Carp Edema Virus/Koi Sleepy Disease: An Emerging Disease in Central-East Europe“ von E. Lewisch, B. Gorgoglione, K. Way und M. El-Matbouli wurde im Fachjournal Transboundary and Emerging Diseases veröffentlicht. DOI: 10.1111/tbed.12293
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/tbed.12293/epdf

Über die Veterinärmedizinische Universität Wien

Die Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni Vienna) ist eine der führenden veterinärmedizinischen, akademischen Bildungs- und Forschungsstätten Europas. Ihr Hauptaugenmerk gilt den Forschungsbereichen Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit, Tierhaltung und Tierschutz sowie den biomedizinischen Grundlagen. Die Vetmeduni Vienna beschäftigt 1.300 MitarbeiterInnen und bildet zurzeit 2.300 Studierende aus. Der Campus in Wien Floridsdorf verfügt über fünf Universitätskliniken und zahlreiche Forschungseinrichtungen. Zwei Forschungsinstitute am Wiener Wilhelminenberg sowie ein Lehr- und Forschungsgut in Niederösterreich gehören ebenfalls zur Vetmeduni Vienna. Im Jahr 2015 feiert die Vetmeduni Vienna ihr 250-jähriges Bestehen. http://www.vetmeduni.ac.at

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