Neuer Mechanismus zum Abbau von Aldehyd-induzierten RNA-Protein-Vernetzungen

Forschende entdecken einen neuen Weg für den Abbau von RNA-Protein-Crosslinks, die durch toxische Aldehyde verursacht wurden.
Abb./©: Suryo Rahmanto et al., K6-linked ubiquitylation marks formaldehyde-induced RNA-protein crosslinks for resolution, Molecular Cell (2023)

Forschende entdecken neuen Weg zum Abbau von RNA-Protein-Vernetzungen, die durch toxische Aldehyde verursacht werden.

Sei es in der Luft, dem Wasser oder der Nahrung: Reaktive Aldehyde sind überall und gefährden die menschliche Gesundheit in der Umwelt, am Arbeitsplatz und in der Freizeit. Auch im menschlichen Körper werden sie kontinuierlich durch den normalen Zellstoffwechsel produziert, zudem entstehen sie als Nebenprodukte beim Alkoholabbau. Die Aldehyde können die DNA schädigen und Brüche verursachen. Was bisher jedoch nicht bekannt war: Beruht die Toxizität der Aldehyde ausschließlich auf dieser DNA-Schädigung? Oder greifen die Aldehyde auch in andere zelluläre Mechanismen ein?

Aldehyde führen zu Vernetzung von RNA und Proteinen

Ein Wissenschaftlerteam vom Institut für Molekulare Biologie (IMB), der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und dem Centre for Healthy Ageing (CHA) in Mainz konnte diese Fragen nun beantworten. „Die Aldehyde schädigen nicht nur die doppelsträngige DNA, sondern führen auch dazu, dass sich die einzelsträngige RNA und Proteine chemisch vernetzen. Wir sprechen dabei von Crosslinks“, fasst die Studienleiterin Prof. Dr. Petra Beli zusammen. „Diese Vernetzung blockiert die Ribosomen bei ihrem Versuch, RNAs zu übersetzen.“ Der Hintergrund: Die RNAs liefern den Bauplan für die Proteine. Sind diese jedoch chemisch an Proteine gebunden, können sie nicht mehr ausgelesen werden – die Produktion von Proteinen wird gehemmt.

Modifizierungen helfen beim Abbau

Doch wie wird der Körper mit dieser Situation fertig? Auch dieser Frage ging das Forscherteam nach. Das Ergebnis: Die Proteine, die mit RNA vernetzt sind, werden modifiziert – es wird ein kleines Protein an das mit der RNA vernetzte Protein gekoppelt. Dieses ist somit markiert, ähnlich wie ein zu fällender Baum vom Förster mit einem Farbpunkt versehen und damit zur Fällung freigegeben wird. Durch diese Markierung weiß der Körper, dass er die RNA-Protein-Verbindung zerstören muss. „Die Ergebnisse zeigen zum einen, dass Aldehyde unsere Zellen auf mehr als eine Weise schädigen, und beschreiben zum anderen erstmals einen Mechanismus, über den die RNA-Protein-Vernetzungen in unseren Zellen entfernt werden“, sagt Petra Beli. Wichtig ist, dass die Fähigkeit unseres Körpers, Aldehyde zu entfernen, mit zunehmendem Alter allmählich abnimmt. Dies könnte dazu führen, dass sich im Laufe der Zeit mehr RNA-Protein-Vernetzungen bilden. Die Studie wurde kürzlich in der Fachzeitschrift Molecular Cell veröffentlicht.

Über das Institut für Molekulare Biologie gGmbH

Das Institut für Molekulare Biologie gGmbH (IMB) ist ein Exzellenzzentrum der Lebenswissenschaften, das 2011 auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) eröffnet wurde. Die Forschung am IMB konzentriert sich auf aktuelle Gebiete: Epigenetik, Genomstabilität, RNA-Biologie und Proteostase. Erforscht werden diese Gebiete vor allem im Kontext der Alternsforschung. Das Institut ist ein Paradebeispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen einer privaten Stiftung und öffentlichen Einrichtungen: Die Boehringer Ingelheim Stiftung (BIS) hat sich verpflichtet, die Grundfinanzierung des IMB von 2009 bis 2027 mit insgesamt 154 Millionen Euro zu fördern. Das moderne Forschungsgebäude wurde mit 50 Millionen Euro durch das Land Rheinland-Pfalz finanziert. Von Herbst 2020 bis Mitte 2027 stellt das Land 52 Millionen Euro zur Grundfinanzierung des IMB bereit. Weitere Informationen zum IMB finden Sie unter www.imb.de.

Bildmaterial:
https://download.uni-mainz.de/presse/10_idn_imb_aldehyde.jpg
Forschende entdecken einen neuen Weg für den Abbau von RNA-Protein-Crosslinks, die durch toxische Aldehyde verursacht wurden.
Abb./©: Suryo Rahmanto et al., K6-linked ubiquitylation marks formaldehyde-induced RNA-protein crosslinks for resolution, Molecular Cell (2023)

Weiterführende Links:
https://www.bio.uni-mainz.de/fachbereich/institute/idn/ – Institut für Entwicklungsbiologie und Neurobiologie (IDN)
https://www.imb.de/ – Institut für Molekulare Biologie (IMB)
https://www.cha-mainz.de/ – Centre for Healthy Ageing (CHA)

Lesen Sie mehr:
https://presse.uni-mainz.de/zusammenhang-zwischen-ueberschuessigen-r-loops-und-d… – Pressemitteilung „Zusammenhang zwischen überschüssigen R-Loops und DNA-Schäden mit möglichen Krankheitsfolgen festgestellt“ (02.02.2022)

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Petra Beli
Institut für Entwicklungsbiologie und Neurobiologie
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
und
Institut für Molekulare Biologie (IMB)
55099 Mainz
Tel. +49 6131 39-21590
E-Mail: petrbeli@uni-mainz.de
https://www.imb.de/research/beli/research

Originalpublikation:

Aldwin Suryo Rahmanto et al.
K6-linked ubiquitylation marks formaldehyde-induced RNA-protein crosslinks for resolution
Molecular Cell, 9. November 2023
DOI: 10.1016/j.molcel.2023.10.011
https://www.cell.com/molecular-cell/fulltext/S1097-2765(23)00848-1

Media Contact

Petra Giegerich Kommunikation und Presse
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Sichere Reise ins Herz

Hereon-Sensoren erleichtern minimalinvasive Operation bei Herzpatienten. Vorhofflimmern kann dazu führen, dass sich gefährliche Blutgerinnsel im Herzen bilden. Bei vielen Patienten wird daher der Teil des Herzens, in dem sich die…

Schrägbohrtechnik bringt Geothermie unter den Bestandsbau

Das zukunftsweisende geothermische Heiz- und Kühlsystem GeoStar 2.0 ist nun offiziell eingeweiht worden, nachdem es mit seinem begehbareren Geothermie-Verteilerschacht jetzt komplettiert wurde. Die 12 sternförmig angeordneten Erdwärmesonden in einer Tiefe…

Steigerung von Qualität, Genauigkeit und Effizienz in der Montage durch vernetzte Arbeitsprozesse

Wie ein Schweizer Uhrwerk… Individualität schafft Komplexität Wer wie das Schweizer Familienunternehmen Zünd Systemtechnik AG global mit 13 Niederlassungen am Markt mitspielen will, kommt um eine Digitalisierung seiner Prozesse schon…

Partner & Förderer