Neue Materialchemie für Hochleistungsbatterien

Prof. Dr. Peter Strasser (r.) mit seinem Doktoranden Toshinari Koketsu beim Zusammenbau von Batterien © TU Berlin/PR/Christian Kielmann

Wieder aufladbare kleine Lithium-Ionen-Batterien begegnen uns auf Schritt und Tritt: Im Handy, in Kameras, Radios und nahezu allen portablen elektrischen Geräten. Lithium ist einerseits ein sehr reaktives Material und damit gut geeignet für Batterien, da man eine hohe Spannung erzeugen kann. Andererseits liegt in dieser Eigenschaft aber auch die Gefahr: Die Batterien müssen vollkommen luftdicht abgedichtet sein, damit es nicht zu explosiven Zwischenfällen kommt.

„Für kleine portable Anwendungen sind Lithium-Ionen-Batterien heute noch erste Wahl“, weiß Prof. Dr. Peter Strasser, „aber die Sicherheitsrisiken von Lithium-Ionen-Batterien bei großen Batteriespeichern, wie wir sie für eine Energiewende hin zu regenerativen Energien benötigen, machen ihre langfristige Verwendung zu einer enormen Herausforderung.“

Schon seit längerem arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler deshalb an Alternativen, die auf den Metallen Magnesium oder Aluminium beruhen. „Diese Metalle sind preiswerter und können sicherer an der Luft gelagert werden – diese größere Sicherheit bezahlt man allerdings mit einer geringeren Spannung. Dafür stellen diese Ionen nicht wie Lithium nur eine, sondern zwei beziehungsweise drei positive Ladungen zur Verfügung und erlauben daher eine viel dichtere Speicherung von elektrischer Ladung – was gerade für große kompakte Batteriespeicher sehr wichtig ist“, so Peter Strasser.

Das Problem: Die zwei- und dreiwertig geladenen Ionen ließen sich bisher sehr viel schlechter so in ein Wirtsmaterial (Elektrodenmaterial) einlagern, dass sie anschließend reversibel zwischen den Elektroden ausgetauscht werden können. „Meinem Mitarbeiter Dr. Toshinari Koketsu ist es jetzt gelungen, diese Ionen reversibel in eine chemisch modifizierte Form des weißen Farbpigments Titanoxid einzulagern. Das Titanoxid wurde dabei zunächst von unseren Kooperationspartnern an der Pariser Universität Sorbonne mit Fluorid-Ionen dotiert. Das bedeutet, dass Fluorid-Ionen in der Gitterstruktur des Titanoxids einen Teil der Sauerstoff-Ionen ersetzen, dabei einige der positiv geladenen Titan-Ionen ausstoßen und so eine Art ‚Loch’ oder Fehlstelle in dem Gitter produzieren. Es zeigt sich, dass diese Fehlstellen, ideale Einlagerungsstellen für positiv geladene Magnesium- oder Aluminium-Ionen sind.“

In mehreren Versuchsreihen konnten die Wissenschaftler jetzt erstmalig beweisen, dass die reversible Einlagerung der Aluminium- und Magnesium-Ionen über mehrere hundert Zyklen stabil funktioniert und dabei hohe Ladungskapazitäten zeigt. „Damit konnten wir zeigen, dass Fluorid-dotierte Oxidmaterialien mit speziellen Fehlstellen tatsächlich eine grundlegend neue Batteriechemie mit Magnesium- und Aluminium-Ionen ermöglichen, die von fundamentaler wie praktischer Bedeutung sein wird“, so Peter Strasser.

Eine Technik von übermorgen: „Wir werden auch zukünftig noch verschiedene Batterietypen nutzen. Im Moment ist die Lithium-Ionen-Batterie die preiswerteste und beste Methode für viele Anwendungen. Parallel dazu arbeitet die Wissenschaft an sogenannten Lithium-Schwefel-Batterien, die auch von der Automobilindustrie mit Interesse verfolgt werden. Die Aluminium-/Magnesium-Ionen-Batterie ist eher eine Technik von übermorgen, für Anwendungen die zum Beispiel sehr auf Sicherheit fokussiert sind.“

[1] Reversible magnesium and aluminium ions insertion in cation-deficient anatase TiO2
Toshinari Koketsu, Jiwei Ma, Benjamin J. Morgan, Monique Body, Christophe Legein, Walid Dachraoui, Mattia Giannini, Arnaud Demortière, Mathieu Salanne, François Dardoize, Henri Groult, Olaf J. Borkiewicz, Karena W. Chapman, Peter Strasser & Damien Dambournet;
Nature Materials (2017), DOI: 10.1038/nmat4976

Fotos zum Download: www.tu-berlin.de/?189158

Weitere Informationen erteilt Ihnen gerne:
Prof. Dr. Peter Strasser
TU Berlin
Fachgebiet Elektrochemische Katalyse und Materialien
Tel.: 030 314-29542
E-Mail: pstrasser@tu-berlin.de

http://www.tu-berlin.de/?189158

Media Contact

Stefanie Terp idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.tu-berlin.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer