Neuartige Synthese Fluorierter Moleküle

Manuel van Gemmeren, Professor für Organische Chemie (Mitte), hat mit seinem Forschungsteam, darunter die Doktoranden Friedrich Jurk (l.) und Sourjya Mal (r.), eine Methode entwickelt, um Fluoratome direkt in komplexe Carbonsäure-Moleküle einzuführen.
Foto: Julia Siekmann, Uni Kiel

… mit Potenzial in der Wirkstoffforschung entwickelt.

Kieler Forschungsteam beschreibt eine Methode, mit der Kohlenstoff-Wasserstoff-Bindungen von Carbonsäuren gezielt in Kohlenstoff-Fluor-Bindungen umgewandelt werden können.

Carbonsäuren gehören zu den wichtigsten Substanzklassen der Chemie und sind Bestandteil vieler medizinischer Wirkstoffe wie Aspirin oder Ibuprofen. Um die Eigenschaften von Carbonsäuren maßzuschneidern, können Fluoratome in die Molekülstruktur eingeführt werden. Das erfordert allerdings komplexe, mehrstufige Syntheseverfahren. Ein international zusammengesetztes Forschungsteam am Otto Diels-Institut für Organische Chemie der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) beschreibt jetzt im Fachmagazin Nature Synthesis erstmals eine Methode zur direkten Einführung von Fluoratomen in aliphatische Carbonsäuren, die den Prozess deutlich vereinfacht und beschleunigt.

Innovativer Kombinationsansatz löst fundamentale Herausforderung

Die neue Synthesemethode beruht auf gleich zwei fundamental herausfordernden chemischen Prozessen. Zunächst muss eine üblicherweise unreaktive Kohlenstoff-Wasserstoff-Bindung aktiviert werden, hier durch die Spaltung mit einem Palladium-Katalysator („C–H-Aktivierung“). Die Grundlagen für geeignete Katalysatoren haben in den vergangenen Jahren verschiedene internationale Forschungsteams geschaffen, darunter auch der Arbeitskreis um Manuel van Gemmeren, Professor für Organische Chemie an der CAU. Basierend auf diesen Vorarbeiten entwickelten sie in ihrer aktuellen Veröffentlichung neue, besonders effiziente Katalysatoren.

Die zweite zentrale Herausforderung dieser Arbeit war das Knüpfen einer Kohlenstoff-Fluor-Bindung. Für aliphatische Carbonsäuren erwiesen sich etablierte Strategien als ungeeignet. Daher entwickelte das Team um van Gemmeren einen innovativen neuen Ansatz: „Zusätzlich zur Optimierung der Katalysatorstruktur designten wir ein Reagenz, ein sogenanntes Oxidationsmittel, das die Reaktion im entscheidenden Schritt beeinflusst und so die selektive Bildung der Kohlenstoff-Fluor-Bindung ermöglicht“, erläutert Erstautor Sourjya Mal. Weitere Experimente zeigten, dass mittels dieser Reagenzien tatsächlich ein außergewöhnlicher Reaktionspfad beschritten wird. „In dieser Studie konnten wir zeigen, dass das kombinierte Design von Katalysator und Oxidationsmittel Reaktionen ermöglicht, die mit einem einzelnen Ansatz nicht erreicht werden könnten. Dieser Befund ist sicherlich auf weitere hochattraktive Synthesemethoden übertragbar und könnte sich daher als wegweisend erweisen“, so van Gemmeren.

Synthesemethode mit viel Potenzial für die Pharmaforschung

Mit der vorgestellten Methode lassen sich Fluoratome direkt in komplexe Carbonsäure-Moleküle einführen, ohne dass eine aufwendige und langwierige Synthese notwendig wäre. „Aufgrund der Bedeutung, die sowohl Carbonsäuren als auch fluorierten Molekülen in der Pharmaforschung zukommt, sehe ich ein außergewöhnliches Anwendungspotenzial für unsere Methode“, ordnet Professor von Gemmeren die Bedeutung der Arbeit ein. „Ich bin sehr stolz auf das, was meine Mitarbeitenden, insbesondere der Erstautor der Studie, Sourjya Mal, hier erreicht haben.“

Die Entwicklung der neuen Methode ist das Ergebnis langjähriger Vorarbeiten im Rahmen des Emmy-Noether-Programms der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).

Fotos stehen zum Download bereit:
http://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/2024/104-carbonsaeure-1.jpg
Manuel van Gemmeren, Professor für Organische Chemie (Mitte), hat mit seinem Forschungsteam, darunter die Doktoranden Friedrich Jurk (links) und Sourjya Mal (rechts), eine Methode entwickelt, um Fluoratome direkt in komplexe Carbonsäure-Moleküle einzuführen. Damit wird es einfacher, Carbonsäuren mit maßgeschneiderten Eigenschaften herzustellen, zum Beispiel für die Wirkstoffforschung.
© Julia Siekmann, Uni Kiel

http://www.uni-kiel.de/de/pressemitteilungen/2024/104-carbonsaeure-2.jpg
Gut kombiniert: Erstautor Sourjya Mal (links) und Friedrich Jurk (rechts) designten sowohl einen Katalysator als auch ein Oxidationsmittel, um eine Kohlenstoff-Fluor-Bindung gezielt herzustellen.
© Julia Siekmann, Uni Kiel

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Manuel van Gemmeren
Otto Diels-Institut für Organische Chemie
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
Telefon: +49 431 880 1707
E-Mail: vangemmeren@oc.uni-kiel.de
http://www.vangemmerenlab.com

Originalpublikation:

Mal, S., Jurk, F., Hiesinger, K. et al. Pd-catalysed direct β-C(sp3)–H fluorination of aliphatic carboxylic acids. Nat. Synth (2024). https://doi.org/10.1038/s44160-024-00578-6 https://www.nature.com/articles/s44160-024-00578-6

Weitere Informationen:

http://www.uni-kiel.de/de/detailansicht/news/104-carbonsaeure Link zur Meldung
http://www.kinsis.uni-kiel.de Link zur Website des Forschungsschwerpunkts KiNSIS der CAU

Media Contact

Pressestelle Uni Kiel Presse, Kommunikation und Marketing
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Robotisch assistiertes Laserverfahren soll OP-Risiken minimieren

Eine Spinalkanalstenose – eine knöcherne Verengung des Wirbelkanals – kann für Betroffene zur Qual werden. Drückt sie auf das Rückenmark, drohen ihnen chronische Schmerzen und Lähmungserscheinungen. Häufig hilft dann nur…

Verbesserte Materialien für die Verbindungen von Mikrochips

Leistungsfähiger, stromsparender, komplexer – Hersteller von modernen Microchips sehen sich stetig neuen Herausforderungen gegenüber, auch in Bezug auf die dort notwendigen elektrischen Verbindungen. Das Fraunhofer IPMS und BASF widmen sich…

Inspiriert von der Natur: Biophysiker aus dem Projekt InCamS@BI entwickelt neuartige Mikroplastikfilter im Labor

Heutzutage ist es überall zu finden: Mikroplastik. Es wird insbesondere durch die Luft und durchs Wasser in die entlegensten Winkel der Erde transportiert. Eine der großen Fragen lautet: Wie können…