Neuartige Alarmanlage in der Niere entdeckt

Prof. Dr. med. Peter Mertens, Direktor der Universitätsklinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten, Diabetologie und Endokrinologie Magdeburg
Foto: Sarah Kossmann / Universitätsmedizin Magdeburg

Forschungsteams der Universitäten Magdeburg und Leipzig liefern wegweisende neue Erkenntnisse zur Entstehung von Nierenerkrankungen.

Ein bedeutender Schritt hin zur Prävention von akuten Nierenerkrankungen wurde von Forscherteams unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Mertens, Direktor der Universitätsklinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten, Diabetologie und Endokrinologie in Magdeburg, und Prof. Dr. Berend Isermann, Institutsleiter für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik vom Universitätsklinikum Leipzig, erreicht. Die Teams identifizierten ein neuartiges Schutzsystem in der Niere. Die Entdeckung könnte neue Wege für die Therapie von akuten und chronischen, entzündlichen Nierenerkrankungen eröffnen. Die Ergebnisse sind in der renommierten Zeitschrift Kidney International veröffentlicht worden.

Prof. Dr. Berend Isermann, Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik, Universitätsklinikum Leipzig
Prof. Dr. Berend Isermann, Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik, Universitätsklinikum Leipzig. Foto: Antje Gildemeister / Universität Leipzig

Die Ergebnisse beschreiben erstmalig die entzündungshemmende Wirkung eines Kälteschockproteins in der Niere. „Spezialisierte Zellen in den Nierenkörperchen geben das untersuchte Molekül ab und verhindern hierüber die Aktivierung von Notfallsignalen im Nierengewebe“, erklärt Professor Mertens und vergleicht diese Funktionsweise mit einer ständig scharf geschalteten Sicherungsalarmanlage, die im Falle einer Unterbrechung die Wächter der Blutabwehr aktiviert, um im Falle einer drohenden Nierenschädigung ein Entzündungsprogramm der Blutabwehr freizusetzen.

„Als die Untersuchungen vor mehr als 7 Jahren begonnen wurden, hatten wir mit einem gegensätzlichen Befund gerechnet“, so Professor Isermann. „Diese Ergebnisse zeigen, dass die Entzündung in der Niere aktiv gehemmt wird. Fällt diese Hemmung weg, kann die Niere sofort reagieren. Diese Arbeiten zeigen, dass die Niere eine sehr aktive Rolle in der Kontrolle der Entzündung hat. Das kann neue diagnostische oder therapeutische Ansätze ermöglichen.“ Bislang wurden die Befunde in Zellkulturen und Tiermodellen erzielt, was ein neues Modell zur Organkommunikation aufbaut. Zukünftige Untersuchungen mit menschlichem Nierengewebe aus Biopsien sind geplant. „Die Schutzmechanismen in der Niere wurden bisher vor allem zur Vermeidung von Bluthochdruckschäden bekannt, doch die neuen Erkenntnisse deuten darauf hin, dass ein eigenes Kommunikationssystem innerhalb der Niere existiert, um Störungen zu melden“, sagt Mertens.

Die Forschungsergebnisse eröffnen neue Möglichkeiten für zukünftige Therapien, die die Nierenkommunikation verbessern und erhalten. Gleichzeitig könnten sie dazu beitragen, falsche Alarme zu verhindern. In diesem Zusammenhang planen die beiden Arbeitsgruppen weitere Kooperationen und Projekte.

Die Studie wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft gefördert.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. med. Peter R. Mertens, Direktor der Universitätsklinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten, Diabetologie und Endokrinologie Magdeburg, Tel. 0391-67-13236, peter.mertens@med.ovgu.de

Prof. Dr. med. Berend Isermann, Institut für Laboratoriumsmedizin, Klinische Chemie und Molekulare Diagnostik, Universitätsklinikum Leipzig, Tel. 0341 – 97 22200, mb-sek-ilm@medizin.uni-leipzig.de

Originalpublikation:

Glomerular-tubular crosstalk via cold shock Y-box binding protein-1 in the kidney; Kidney
International (2024); Volume 105; January 2024, P. 65-83; https://doi.org/10.1016/j.kint.2023.09.014

http://www.med.uni-magdeburg.de/News/Neuartige+Alarmanlage+in+der+Niere+entdeckt.html

Media Contact

Friederike Süssig-Jeschor Pressestelle
Universitätsmedizin Magdeburg

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Forschende enthüllen neue Funktion von Onkoproteinen

Forschende der Uni Würzburg haben herausgefunden: Das Onkoprotein MYCN lässt Krebszellen nicht nur stärker wachsen, sondern macht sie auch resistenter gegen Medikamente. Für die Entwicklung neuer Therapien ist das ein…

Mit Kleinsatelliten den Asteroiden Apophis erforschen

In fünf Jahren fliegt ein größerer Asteroid sehr nah an der Erde vorbei – eine einmalige Chance, ihn zu erforschen. An der Uni Würzburg werden Konzepte für eine nationale Kleinsatellitenmission…

Zellskelett-Gene regulieren Vernetzung im Säugerhirn

Marburger Forschungsteam beleuchtet, wie Nervenzellen Netzwerke bilden. Ein Molekülpaar zu trennen, hat Auswirkungen auf das Networking im Hirn: So lässt sich zusammenfassen, was eine Marburger Forschungsgruppe jetzt über die Vernetzung…

Partner & Förderer