Mit neuer Technik Nanocontainer durch den Körper leiten

Doktorandin Gizem Cinar und AG-Leiter PD Dr. Ivo Nischang experimentieren am neuen System der Universität Jena.
Foto: Jens Meyer/Uni Jena

Am „Jena Center for Soft Matter“ der Universität Jena ist ein neues modernes System zur Feld-Fluss-Fraktionierung – kurz: FFF – mit einer Vielzahl an Detektionsmöglichkeiten installiert worden. Es erweitert die Untersuchungsmöglichkeiten von Nanopartikeln u.a. für den Sonderforschungsbereich (SFB) 1278 „PolyTarget“ enorm. Hier werden polymerbasierte Nanopartikel für verschiedene Anwendungen untersucht und als Trägermaterialien getestet. Das neue System erlaubt eine weitaus bessere Charakterisierung der Polymere und liefert somit viel mehr Informationen, die bei der genauen Detektion der Partikel helfen. Das Land Thüringen finanziert die Anlage mit rund 400.000 Euro.

Krankheiten zu heilen bedeutet nicht nur, neue Wirkstoffe zu entwickeln, sondern deren Potenzial auch sinnvoll nutzen zu können: beispielsweise durch eine maßgeschneiderte Verpackung. Diesem lange Zeit vernachlässigten Feld widmen sich inzwischen zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Sie entwickeln u. a. moderne Pharmapolymere, die als Träger den Wirkstoff dahin bringen, wo er gebraucht wird. Eines der weltweiten Zentren für die Entwicklung solcher Materialien befindet sich mit dem Sonderforschungsbereich (SFB) 1278 „PolyTarget“ an der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Hier werden polymerbasierte Nanopartikel für verschiedene Anwendungen untersucht und als Trägermaterialien getestet. Aktuell wird am beteiligten „Jena Center for Soft Matter“ der Universität Jena ein neues modernes System zur Feld-Fluss-Fraktionierung – kurz: FFF – mit einer Vielzahl an Detektionsmöglichkeiten installiert, das die Untersuchungsmöglichkeiten solcher Nanopartikel für den SFB enorm erweitert. Das Land Thüringen finanziert die Anlage mit rund 400.000 Euro.

Teilchen im Kanal

„Die FFF erlaubt uns eine weitaus bessere Charakterisierung der Polymere und liefert uns somit viel mehr Informationen, die bei der genauen Detektion – und somit bei der damit verbundenen Reproduzierbarkeit und Qualitätssicherung – der Partikel helfen“, sagt Prof. Dr. Ulrich S. Schubert von der Universität Jena. Während der Untersuchungsmethode bewegen sich die Partikel durch einen Kanal – ein künstlich geschaffenes Flussfeld bewirkt dabei einen größenselektiven Transport. So lässt sich etwa beobachten, wie die Partikel sich im Flussfeld verhalten bzw. unter milden Bedingungen aufgetrennt werden können. Im Trennprinzip werden die Teilchen sanft in Richtung einer Membran bewegt.

Als Gegenspieler fungiert die Diffusion, die eine Fraktionierung entsprechend der Größe ermöglicht. Durch verschiedene Stellschrauben können die Jenaer Chemikerinnen und Chemiker die Bedingungen ändern und beispielsweise neben vielen klassischen Flussfeldern zusätzlich eine Spannung variieren, d. h. geladene Partikel untersuchen. Nachgeschaltete Detektoren messen etwa die Konzentration in der Flüssigkeit und andere Eigenschaften, welche eine Bestimmung der Größe möglich machen. Zudem ermöglicht das neue Gerät Versuche in Reallösungen – etwa in bestimmten Körperflüssigkeiten – und nicht nur in Wasser, was zusätzliche Erkenntnisse über das Verhalten der Nanopartikel im Organismus liefern kann.

Nanocontainer mit „GPS“

„Die Palette der Materialien, die wir untersuchen, ist sehr vielseitig. Das reicht von Polyestern, die von Enzymen im Körper abgebaut werden, über kationische Polymere, mit der man Genmaterial formulieren und für Gentherapien oder auch zur Impfung gegen virale Infektionen einsetzen kann, bis zu wasserlöslichen Polymeren, um Medikamente anzubinden, die lange in der Blutbahn bleiben und an einem bestimmten Ort den Wirkstoff freisetzen sollen“, sagt Schubert.

Mit der neuen Methode können die Chemikerinnen und Chemiker überprüfen, ob neuartige Nanocontainer, die sich per angehängter Erkennungsgruppen GPS-ähnlich und wechselwirkungsfrei durch den Körper steuern lassen, schließlich an die Stelle gelangen, wo der enthaltene Wirkstoff freigesetzt werden soll. Die Stoffe müssen dabei zudem ungiftig und bioverträglich sein, was eine umfangreiche Charakterisierung voraussetzt. So können die Forschenden an der Jenaer Universität nicht nur das Potenzial neuer Wirkstoffe in verschiedenen Formulierungen eruieren, sondern auch neuen Krankheitsformen begegnen, die durch herkömmliche medizinische Ansätze schwer behandelbar sind.

„Mit dem neuen System können wir genau die vielseitigen, komplexen Polymere, die wir hier in Jena dank Robotik herstellen, mit der weltweit besten Charakterisierung untersuchen“, resümiert Schubert. „Es ist also ein wichtiger Baustein dafür, drängende Zukunftsfragen zu beantworten, und es stärkt den Forschungsstandort Jena, wo wir Nanopartikel entwickeln, charakterisieren und schließlich während Studien am Universitätsklinikum auch medizinisch anwenden.“ Weltweit, so Schubert, gebe es etwa drei andere Standorte mit einer solchen Ausstattung in diesem Bereich wie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Einer der meistzitierten Forscher

Und dass sich Ulrich S. Schubert mit der Materie auskennt, beweist auch die heute (18.11.) bekanntgegebene Auszeichnung: Der Chemiker und Materialwissenschaftler der Universität Jena gehört in diesem Jahr erneut zu dem weltweit einen Prozent der meistzitierten Forschenden im Bereich der interdisziplinären Forschung.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Ulrich S. Schubert
Jena Center for Soft Matter (JCSM) der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Philosophenweg 7, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 948560
E-Mail: ulrich.schubert[at]uni-jena.de

http://www.uni-jena.de/

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