Gesamtgenom der „Spanischen“ Wegschnecke entschlüsselt

Die „Spanische“ Wegschnecke (Arion vulgaris) breitet sich in Europa immer weiter aus. Für ihr enormes Ausbreitungs- und Schädlingspotential könnte eine besonders hohe Anzahl so-genannter „springender“ Genabschnitte die Grundlage sein.
Michael Schrödl, SNSB-ZSM

Die „Spanische“ Wegschnecke (Arion vulgaris) breitet sich in Europa immer weiter aus. Für ihr enormes Ausbreitungs- und Schädlingspotential könnte eine besonders hohe Anzahl sogenannter „springender“ Genabschnitte die Grundlage sein, vermuten SNSB Zoolog:innen. Die Forscher:innen veröffentlichten kürzlich die vollständige Entschlüsselung des Gesamtgenoms der Landschnecke in der Fachzeitschrift Scientific Reports.

Die „Spanische“ Wegschnecke, die eigentlich Gemeine oder Gewöhnliche Wegschnecke heißt (Arion vulgaris), gilt als einer der größten Schädlinge in Europa. Sie richtet nicht nur in Haus- und Nutzgärten, sondern auch in der Landwirtschaft erhebliche Schäden an. Die äußerst robuste und anpassungsfähige Schneckenart breitet sich in Westeuropa immer weiter in nördliche und östliche Gebiete aus. Dabei verdrängt Arion vulgaris sehr erfolgreich andere heimische Landschneckenarten.

Eine neue Studie zeigt nun, dass das Genom von Arion vulgaris über eine besonders große Anzahl an mobilen Genabschnitten, sogenannte transponierbare Elemente (TE), verfügt, die innerhalb des Gesamtgenoms ihre Position verändern können. SNSB Forscher:innen vermuten hier den Ursprung für die extrem gute Anpassungsfähigkeit dieser invasiven Spezies.

Zeyuan Chen, Gastwissenschaftlerin an der Zoologischen Staatssammlung München (SNSB-ZSM) gelang es, im Rahmen ihrer Doktorarbeit das Gesamtgenom von Arion vulgaris zu entschlüsseln. Das Genom entpuppte sich als sehr groß und komplex und es ist eines von bisher nur wenigen entschlüsselten Gesamtgenomen einer Landschnecke, das erste einer terrestrischen Nacktschnecke überhaupt.

„Die Menge an mobilen oder auch „springenden“ Genabschnitten in der DNA der „Spani-schen“ Wegschnecke hat uns überrascht. Sie machen mehr als 75% ihres Gesamtgenoms aus. Die besonders hohe Rate an solchen springenden Genen kann bedeuten, dass ein Organismus sich besser an neue Umweltbedingungen anpassen kann als andere. Sie könnte der Hintergrund für das enorme Ausbreitungs- und Schädlingspotential von Arion vulgaris sein“, deutet Erstautorin Zeyuan Chen die Ergebnisse ihrer Arbeit. „Motor für die rasche und flächendeckende Ausbreitung des Schneckenschädlings ist vermutlich die Erwärmung des Klimas wie auch die Verschleppung der Tiere durch menschliche Transporte.“

„Das hier entschlüsselte Genom bildet eine wichtige Grundlage für die weitere Erforschung der evolutionären Entwicklung von Schnecken und anderen Weichtieren wie z. B. die Evolution von Molluskenschalen sowie deren Verlust“, so Prof. Dr. Michael Schrödl, Schneckenexperte und Leiter der Molluskensektion an der Zoologischen Staatssammlung München.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Katja Henssel
Wissenschaftliche Öffentlichkeitsarbeit
Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns
Tel.: 089 17861 121
E-Mail: henssel@snsb.de

Originalpublikation:

Chen, Z., Doğan, Ö., Guiglielmoni, N. et al. Pulmonate slug evolution is reflected in the de novo genome of Arion vulgaris Moquin-Tandon, 1855. Sci Rep 12, 14226 (2022). https://doi.org/10.1038/s41598-022-18099-7

Weitere Informationen:

http://www.snsb.de – Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns (SNSB)
http://www.zsm.mwn.de – Zoologische Staatssammlung München (SNSB-ZSM)

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