Fisch auf dem Trockenen

Killifisch-Embryos im Fluoreszenzmikroskop. Links mit ausgebildeter Achse, rechts ohne ausgeprägte Achse. Die Zellen bleiben verstreut. (Bild: Biozentrum, Universität Basel)

Wie Killifisch-Embryonen ihre Entwicklung angepasst haben.

Einige Killifische überleben in Gegenden mit extremer Trockenheit. Eine Forschungsgruppe der Universität Basel berichtet im Fachjournal Science, dass sich die frühe Embryonalentwicklung dieser Fische von der anderer Arten unterscheidet. Im Gegensatz zu anderen Fischen ist beim Killifisch-Embryo die Körperstruktur noch nicht von Anfang an festgelegt. Dies könnte der Art ermöglichen, Trockenzeiten unbeschadet zu überstehen.

Der Türkise Prachtgrundkärpfling gehört zu den Killifischen. Diese Fischart lebt unter extremen Umweltbedingungen: Die Spezies, die in Afrika vorkommt, kann mit ihrem aussergewöhnlichen Lebenszyklus lange Trockenphasen überstehen. Ihre befruchteten Eier legen sie dazu in den Zeiten mit ausreichend Wasser in den Schlamm. Trocknen die Gewässer dann aus, sterben die ausgewachsenen Fische, während die Embryonen in einem Ruhezustand überdauern bis eine neue Regenperiode einsetzt.

Im Gegensatz zu anderen Tieren lösen diese Fische den frühen Embryo in Einzelzellen auf. Diese verstreuten Zellen kommen später wieder zusammen und bilden einen Embryo. Damit haben Killifische der Art Nothobranchius furzeri ihren Lebenszyklus und ihre Embryonalentwicklung an die Gegebenheiten ihrer Umwelt angepasst.

Rücken-Bauch-Achse anders festgelegt

Das Team von Prof. Dr. Alex Schier am Biozentrum der Universität Basel und Forschende der Harvard University sowie der University of Washington in Seattle haben entdeckt, dass sich Killifische auch molekular in ihrer frühen embryonalen Entwicklung von anderen Fischarten unterscheiden. «Normalerweise ist die ventrale-dorsale Körperachse, also die Bauch- und Rückenseite beim Fischembryo bereits durch die Mutter angelegt», erklärt Schier. «Wir haben nun herausgefunden, dass die embryonalen Zellen nicht mütterlicherseits vorgeprägt sind, sondern sich selbst organisieren.» Wie die Rücken-Bauch-Achse beim Killifisch festgelegt wird, beschreiben die Forschenden im Fachjournal «Science».

Im frühen Embryo spielt der sogenannte Huluwa-Faktor eine entscheidende Rolle. Er wird von der Mutter an den Embryo weitergegeben und bestimmt die Rücken-Bauch-Achse. Dies ist für den Körperbau und die korrekte Organ-Entwicklung wichtig.

«Bislang dachte man, der Huluwa-Faktor sei unverzichtbar, da er die Rücken-Bauch-Achse definiert», sagt Schier «Wir konnten jedoch zeigen, dass dieser Faktor beim Killifisch nicht aktiv ist. Die Zellen finden von alleine den richtigen Platz, sie organisieren sich vollkommen eigenständig.» Die Festlegung der Rücken-Bauch-Achse findet beim Killifisch im Gegensatz zu anderen Fischen erst zu einem späteren Zeitpunkt statt und wird von Faktoren des Embryos gesteuert. «Fast auf magische Weise entsteht so der Embryo», sagt Schier. «Wie das genau passiert, ist allerdings noch völlig unklar.»

An extreme Umweltbedingungen angepasst

«Diese Art der embryonalen Entwicklung ist völlig untypisch, widerspricht sie doch den gängigen Vorstellungen», so Schier. Dass es beim Killifisch keine mütterliche Vorprägung der Zellen gibt, ist vermutlich ein entscheidender Überlebensvorteil dieser Fischart. Denn so wird verhindert, dass sich in der Trockenphase frühzeitig Zellschäden ansammeln oder Informationen über den Körperbau und Achse verloren gehen. «Unsere Studie zeigt, dass die Evolution bei entsprechendem Selektionsdruck durch extreme Umweltbedingungen alternative Entwicklungswege findet», sagt Schier.

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. Alex Schier, University of Basel, Biozentrum, E-Mail: alex.schier@unibas.ch

Originalpublikation:

Philip B. Abitua, Laura M. Stump, Deniz C. Aksel, and Alexander F. Schier
Axis formation in annual killifish: Nodal and β-catenin regulate morphogenesis without Huluwa prepatterning.
Science (2024), doi: 10.1126/science.ado7604

https://www.unibas.ch/de/Aktuell/News/Uni-Research/Wie-Killifisch-Embryonen-ihre-Entwicklung-angepasst-haben.html

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Katrin Bühler, Biozentrum Kommunikation
Universität Basel

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