Der Neandertaler steckt in unseren Genen

Skelett eines Neandertalers (links) und eines modernen Menschen (rechts). © Ian Tattersall

Obwohl die Neandertaler ausgestorben sind, finden sich Fragmente ihres Erbguts im Genom heute lebender Menschen wieder.

Diese Fragmente sind aber nicht gleichmäßig über das Genom verteilt. Stattdessen sind einige Bereiche im Genom stärker mit Neandertaler-Varianten angereichert als andere. Ein internationales Forscherteam um Philipp Khaitovich vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und vom CAS-MPG Partner Institute for Computational Biology in Shanghai hat jetzt herausgefunden:

DNA-Sequenzen, die sowohl beim modernen Menschen als auch beim Neandertaler vorkommen, waren vor allem in den am Stoffwechselabbau von Fetten beteiligten Genen reichlich vorhanden. Besonders häufig fanden die Forscher sie im Erbgut von heute lebenden Menschen europäischer Abstammung, denen sie möglicherweise einen selektiven Vorteil verschafften.

Die Wissenschaftler haben die Verteilung der Neandertalervarianten im Erbgut von elf heute lebenden menschlichen Populationen afrikanischer, asiatischer und europäischer Herkunft analysiert. Dabei stellten sie fest, dass Gene, die an der Fettsynthese beteiligt sind, bei heute lebenden Menschen europäischer Abstammung besonders viele Neandertaler-Varianten enthalten, nicht aber bei Asiaten und Afrikanern.

„Diese DNA-Sequenzen zeigen Zeichen von positiver Selektion“, sagt Philipp Khaitovich vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und vom CAS-MPG Partner Institute for Computational Biology in Shanghai. „Möglicherweise haben sie modernen Menschen, deren Erbgut die Neandertalerversion enthielt, einen selektiven Vorteil verschafft.“

Darüber hinaus haben die Forscher untersucht, welchen Einfluss die Neandertaler-Varianten beim modernen Menschen auf den Fettstoffwechsel haben. Dabei fanden sie heraus, dass es zu evolutionären Veränderungen hinsichtlich der Fettkonzentration und der Expression von Stoffwechselenzymen im Gehirn von Menschen europäischer Abstammung gekommen ist.

„Wir wissen nicht, wie sich diese veränderte Fettkonzentration auf das Gehirn auswirkt. Aber schon die Tatsache, dass Neandertalergene den Aufbau unseres Gehirns verändert haben könnten, ist äußerst interessant“, sagt Philipp Khaitovich. Weitere Studien sind nötig, um potenzielle funktionale Auswirkungen dieser Veränderungen umfassend zu erforschen.

Ansprechpartner 

Dr. Philipp Khaitovich

CAS-MPG Partner Institute for Computational Biology

Telefon: +86 21 5492-0454
Fax: +86 21 5492-0451

 

Sandra Jacob

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie, Leipzig

Telefon: +49 341 3550-122

 

Originalpublikation

 
Ekaterina E. Khrameeva, Katarzyna Bozek, Liu He, Zheng Yan, Xi Jiang, Yuning Wei, Kun Tang, Mikhail S. Gelfand, Kay Prufer, Janet Kelso, Svante Paabo, Patrick Giavalisco, Michael Lachmann and Philipp Khaitovich
Neanderthal ancestry drives evolution of lipid catabolism in contemporary Europeans
Nature Communications, 01 April 2014, DOI: 10.1038/ncomms4584

Media Contact

Sandra Jacob Max-Planck-Institut

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Satellitentechnologie – nachhaltiger Wasser-Einsatz in der Landwirtschaft

Wasser wird zunehmend knapper. Eine neuartige Satellitentechnologie, die in Form eines Prototyps mit dem Namen »LisR« bereits auf der Internationalen Raumstation ISS erprobt wurde, ermöglicht es künftig, Pflanzen bedarfsgerecht zu…

Dauertest für E-Fuel-Produktion

Großversuchsanlage an der TU Freiberg liefert 15.000 Liter synthetischen Kraftstoff. Insgesamt 380.000 Liter grünes Benzin (E-Fuel) plant ein Konsortium aus Forschung und Industrie, darunter auch Teams der TU Bergakademie Freiberg…

Unterwasserschall stört Meeresorganismen bei der Nahrungsaufnahme

Studie von Forscherinnen des FTZ Büsum zeigt Zusammenhang zwischen Lärm und verändertem Fraßverhalten von Ruderfußkrebsen. Viele Meeresbewohner wie etwa Fische, Meeressäuger oder auch Krebstiere produzieren und nutzen Schall für ihre…

Partner & Förderer