Zum Schutz vor Schädlingen locken Akazien verteidigende Ameisen mit Nektar an

Ameisen aus der Gattung Pseudomyrmex laben sich an den Nektarien einer Akazie (Acacia collinsii). Foto: Martin Heil
Bestimmte Akazien rufen eine befreundete Armee zu Hilfe, sobald sie von Schädlingen angeknabbert werden. Die Bäume sondern dann über ihre Blätter Nektar ab – das lockt Ameisen an, die sich von der zuckerhaltigen Flüssigkeit ernähren und die Feinde der Akazien vertreiben oder auffressen. Das berichten Forscher aus Jena und Würzburg in der neuen Ausgabe der Zeitschrift „Nature“.
Bei Feldarbeiten in Mexiko haben die Wissenschaftler herausgefunden, dass manche Akazien dauerhaft von Ameisenkolonien besiedelt sind. Diese Bäume produzieren ständig Blattnektar, denn ihre Ameisen sind auf sie angewiesen und müssen auch dann ernährt werden, wenn gerade keine Feinde in Sicht sind. Andere Akazien-Arten lassen den Nektar nur dann fließen, wenn sie angefressen werden, und locken damit Ameisen aus der Umgebung an. „Ein ökonomisches Verhalten, die Bäume investieren den Nektar nur dann, wenn er tatsächlich erforderlich ist“, sagt Martin Heil, der bis vor kurzem am Biozentrum der Uni Würzburg tätig war und nun am Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie in Jena forscht.
Dieser Befund ist interessant für die biologische Schädlingsbekämpfung. Denn es sind beileibe nicht nur Akazien, die sich gegen hungrige Mäuler zu wehren wissen. Auch andere Pflanzen aktivieren Gift- oder Bitterstoffe gegen ihre Feinde, und sie tun das über denselben Signalweg, über den auch die mexikanischen Bäume ihren Blattnektar zum Laufen bringen. Das gilt auch für die Duftstoffe, mit denen viele Pflanzen verteidigende Insekten anlocken. Heil: „Besonders spannend ist dabei die Tatsache, dass sich die Verteidigung der Pflanzen von außen in Gang setzen lässt, dass sie über diesen einen Signalweg vielleicht sogar steuerbar ist.“
Heil und seine Kollegen Sabine Greiner und Ralf Krüger aus der Abteilung von Wilhelm Boland und der Tropenbiologe Karl-Eduard Linsenmair vom Würzburger Biozentrum wollten nun wissen, welche Form des Nektarflusses älter ist. Zusammen mit Harald Meimberg und Günther Heubl von der Uni München und dem Agrarforscher Jean-Louis Noyer vom CIRAD in Montpellier (Frankreich) enträtselten sie darum den Stammbaum der Ameisenakazien. Ergebnis: Der aktivierbare Nektarfluss ist offensichtlich evolutionär älter. Aus ihm ist der ständige Nektarfluss als Neuerwerbung derjenigen Arten hervorgegangen, die eigene Ameisen beherbergen. Nun wollen die Forscher untersuchen, inwieweit auch andere Verteidigungsmechanismen von Pflanzen von „aktivierbar“ auf „ständig vorhanden“ umgeschaltet werden können.
„Evolutionary change from induced to constitutive expression of an indirect plant resistance“, Martin Heil, Sabine Greiner, Harald Meimberg, Ralf Krüger, Jean-Louis Noyer, Günther Heubl, Karl Eduard Linsenmair und Wilhelm Boland, Nature, Vol. 430, Nr. 6996, 8. Juli 2004, Seiten 205-208.
Weitere Informationen: Dr. Martin Heil, T (03641) 571820, E-Mail: Heil_Martin@web.de
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