Frühe Bausteine des Genoms im Meteoriten entdeckt

Was war zuerst da? Gene bestehend aus DNA (Küken) oder Proteine (Ei)? Neue Analysen des Murchison Meteoriten deuten an, dass die DNA- und Proteinwelt aus peptidischer Nukleinsäure PNA hervorgegangen sein könnte.

Bei der Untersuchung von einem Gramm des Muchinson Meteoriten gelang den Wissenschaftlern Uwe Meierhenrich und Wolfram Thiemann von der Universität Bremen der Nachweis einer zweiten Klasse von Aminosäuren. Diesen Diaminosäuren wird eine zentrale Funktion bei der Entstehung des Lebens zugeschrieben.

Seitdem Watson und Crick 1953 die DNA als das genetische Material identifizierten und ihre einzigartige Informations speichernde doppelhelikale Struktur entdeckten, gibt es Spekulationen über den evolutionären Ursprung der DNA und über den Ursprung des Lebens, wie wir es kennen. Auf molekularem Niveau geht man heute davon aus, dass zur „präbiotischen“ Entstehung von Biomolekülen wie DNA und Eiweißen (Proteinen) deren molekulare Bausteine erforderlich sind. Es ist bekannt, dass Aminosäuren wie Alanin, Glycin, Valin, Prolin, Asparaginsäure, Serin etc. in Meteoriten, den kohligen Chondriten, vorkommen. Diese Aminosäuren gelten als molekulare Bausteine der Proteine.

Bremer Wissenschaftler aus den Arbeitsgruppen von Privatdozent Dr. Uwe Meierhenrich und Professor Wolfram Thiemann im Studiengang Chemie der Universität analysierten mit internationalen Partnern erneut den Meteoriten Murchison. Dieser war 1969 über Australien niedergegangen. Sein Material gilt als „rein“, also nicht durch irdische Einflüsse verändert. Das Forscher-Team setzte bei den Experimenten ein neues, von ihnen entwickeltes Analysenverfahren ein. Im Reinstraum der Universität Bremen zerkleinerten sie ein Gramm des Meteoriten, pulverisierten und extrahierten die Probe mit hochreinem Wasser. Diese Probe unterzogen sie einer neuartigen Analyse (der enantioselektiven GC-MS Analytik) mit einem soeben von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Fachbereich Chemie installierten Instrument. Die extra aus dem Inneren des Murchison Meteoriten angefertigte Probe erhielten die Bremer Forscher über die Universität Münster aus dem Fundus der Max-Planck-Gesellschaft in Mainz.

Überraschenderweise konnte mit Hilfe dieser Experimente eine zweite „neue“ Klasse von Aminosäuren nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich um Aminosäuren mit einer zusätzlichen Aminofunktion, sogenannte Diaminosäuren. Derartigen Diaminosäuren wird eine zentrale Funktion in der Entstehung des Lebens bei der chemischen Evolution des genetischen Materials zugesprochen: Molekularbiologische Untersuchungen legen nahe, dass sich in der Chemischen Evolution vor der DNA die RNA ausbildete, und diese wiederum aus der PNA, einer peptidischen Nukleinsäure hervorging. Das Rückgrad der PNA ist nämlich genau aus Diaminosäuren aufgebaut. Die Ergebnisse der Bremer Wissenschaftler legen nahe, dass im Murchison Meteoriten die molekularen Bausteine des vermutlich ersten genetischen Materials, der PNA vorkommen. Die Resultate werden in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) veröffentlicht.

Bislang konnte diese „neue“ und faszinierende Klasse von Aminosäuren nicht in Meteoritenproben nachgewiesen werden. Der Grund dafür liegt in der bislang angewandten Analytik. So wurden zur Analyse von Meteroritenproben in der Regel Kapillartrennsäulen von 30 bis 50 Meter Länge eingesetzt. Diese Säulen sind in der Regel zu lang, um Diaminosäuren eluieren zu können. Die Bremer Wissenschaftler nutzten eine kurze zwölf Meter lange Säule (wie sie von ihnen auch für das COSAC-Experiment auf der ROSETTA Mission installiert wurde) und diese führte zu den neuen Ergebnissen.

Der Nachweis von Diaminosäuren in der Probe des Murchison Meteoriten eröffnet Möglichkeiten, die chemische Evolution neu zu interpretieren. Die Ergebnisse gelten als weiteres Indiz für die Annahme, dass organisches „Inventar“ aus Bereichen des Interstellaren Mediums des Weltalls über (Mikro-) Meteoriten oder Kometen auf die frühe Erde transportiert worden sein könnte. Nach dem Transport solcher Moleküle auf die frühe Erde beteiligten sich diese – so legen es die Forschungsergebnisse nahe – an initialen präbiotischen Reaktionen, die für die chemische Evolution des heutigen biologischen Lebens von wesentlicher Bedeutung gewesen sein dürften.

Weitere Informationen:

Universität Bremen
Fachbereich Chemie/Biologie
Physikalische Chemie
Priv.-Doz. Dr. Uwe J. Meierhenrich
Tel.: 0421-218-3401
Email: mhenrich@uni-bremen.de

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